Weine nicht !


 An Dich, der Du Deine Toten beweinst


Wenn Du mich liebst, weine nicht!
Wenn Du das große Geheimnis des Himmels kennen würdest,

wo ich mich jetzt befinde,

wenn Du das sehen und wahrnehmen könntest,

was ich in diesen grenzenlosen Horizonten und in diesem Licht,

das alles erleuchtet und durchdringt,

wahrnehme, würdest Du nicht weinen, wenn Du mich liebst.


Hier wird man nun mehr von Gottes Zauber,

von Seinem Ausdruck unendlicher Güte

und von dem Widerschein Seiner unendlichen Schönheit durchdrungen.

Die Dinge von damals sind im Vergleich dazu so klein und so flüchtig.


Die Liebe zu Dir ist mir geblieben: Eine Zärtlichkeit, wie ich sie nie kannte.

Ich bin glücklich, Dir in der Zeit begegnet zu sein,

auch wenn damals alles so flüchtig und so begrenzt war.

Jetzt ist die Liebe, die mich an Dich bindet, reine Freude ohne Ende.
Während ich in der glücklichen und überschwenglichen Erwartung Deiner Ankunft lebe, mußt Du Dir mich so vorstellen.


In Deinen Kämpfen, Augenblicken der Trostlosigkeit und Einsamkeit

denk an dieses wunderbare Haus, wo es keinen Tod gibt

und wo wir gemeinsam unseren Durst im regen Austausch

an der unversiegbaren Quelle der Liebe und des Glücks stillen.


Weine nicht mehr, wenn Du mich wirklich liebst.

 

(G. Perico, S.J., in: In meinem Herzen die Trauer. Texte für schwere Stunden. Herausgegeben von Lis Bickel und Daniela Tausch-Flammer. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1998)