Das Brot der Liebe


In einem Land weit weg von uns lebte eine Frau mit ihrem Sohn zusammen. Weil sie ein gutes Herz hatte, hatte ihr eine Fee einen Zauberring geschenkt: In großer Not sollte sie an diesem Ring drehen, und dann könne sie sich in das verwandeln, was sie sich wünsche, und sofort sei alle Not gelindert.

 

Noch nie hatte die Frau daran gedacht, den Ring zu nutzen, ja sie hatte ihn fast vergessen und lebte zufrieden mit ihrem Sohn auf dem kleinen Hof. Doch in einem Jahr gab es eine große Trockenheit, die Ernte fiel aus, die Menschen hungerten immer mehr, und auch die Frau und ihr Sohn litten argen Mangel. Wie sollten sie den langen Winter überstehen, wenn es kein Brot gab? Da erinnerte sich die Frau des Ringes, und in ihrer großen Not wünschte sie sich, dass sie Brot sein könnte für ihren Sohn und für die Menschen in ihrem Ort. Sofort geschah es.

 

Als der Sohn nach Hause kam, fand er auf dem Tisch ein riesiges Brot liegen, es duftete gut und war so einladend, dass er sich gleich ein gutes Stück davon abschnitt, um seinen Hunger zu stillen. Dann suchte er überall seine Mutter, fand sie aber nicht und war darüber sehr verwundert. Er spürte, dass ihr Verschwinden irgendetwas mit dem Brot zu tun haben müsste, konnte sich die Sache aber nicht erklären. Ein wenig später kam ein Nachbar und bat ihn um etwas zu essen, er habe so großen Hunger. Es war ein verbitterter Mann, mit dem viele Streit hatten. Zuerst wollte ihm der Sohn deshalb nichts geben, dann aber dachte er daran, dass ihm ja auch durch das Brot geholfen wurde, und er schnitt dem Mann ein gutes Stück ab. Der aß es und schien vom selben Augenblick an wie verwandelt.

 

Bald sprach es sich herum, dass es im Hause des Sohnes etwas zu essen gab, und viele Leute kamen, Arme und Kranke, Junge und Ältere, viele, denen das Leben übel mitgespielt hatte. Doch es schien eine wunderbare Kraft von diesem Brot auszugehen: Nicht nur, dass es den Magen füllte, auch das Herz der Menschen wurde ganz voll Fröhlichkeit und Zuversicht. Alter Streit wurde begraben, neue Hoffnung kam auf, die Menschen reichten sich die Hand.

 

(Deutsches Volksgut)