Predigt am 4. Sonntag nach Ostern, Lj. A – 2023

(Lesung: 1 Petr 2, 20b-25; Evangelium: Joh 10, 1-10)

 

ICH BIN DIE TÜR

 

Jesu Formulierung „Ich bin die Tür … zu den Schafen“ hat es in sich.

Sie gehört zu den sieben „Ich-bin-Worten“ Jesu, die im Johannesevangelium zu finden sind:

  • Joh 6,35: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ (nochmals in Vers 48)
  • Joh 8,12: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
  • Joh 10,9: „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“
  • Joh 10,11: „Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.“
  • Joh 11,25 f.: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“
  • Joh 14,6: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“
  • Joh 15,1: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.“

 

Das Bildwort „Ich bin die Tür …“ ist ein Teil des Gleichnisses vom Guten Hirten.

 

Im antiken Palästina gab es zwei Arten von Schafställen und auf beide bezieht Jesus sich in diesem Kapitel. Zuerst gebraucht er im Gleichnis die am besten gesicherte Anlage eines Stalles in den Städten der damaligen Zeit: Schafe mehrerer Herden wurden nachts gemeinsam in einem Stall oder umzäunten Bereich gehalten. Der Zugang zu diesem Stall wurde durch einen Türhüter bewacht. Jesus selbst nutzt die Tür nicht nur, um selbst einzutreten, womit er sich als rechtmäßiger Hirte ausweist. Nicht nur das, sondern Jesus ist selbst der einzige rechtmäßige Zugang. Jeder, der nicht durch ihn versucht Zugang zu den Schafen zu erhalten, weist sich damit als Dieb und Räuber aus, der die Schafe in Verderben und Tod führen will. Hier ist vor allem an die falschen Propheten zu denken.

 

Als zweites Bild bezieht sich Jesus auf die eher rustikalen Ställe draußen auf den Feldern. Diese waren kleiner und weniger stark ausgebaut und wurden nachts für die Sicherheit der Schafe verwendet. Das Schlüsselmerkmal dieser Schafställe war, dass sie keine Tür besaßen, sondern nur eine Öffnung in einer Mauer aus aufgeschichteten Steinen. Nachdem der Hirte seine Schafe hineingebracht hatte, legte er sich selbst mit seinem Körper vor den Eingang. Auf diese Weise wurde er selbst zur Tür. Die Schafe gehen erfahrungsgemäß nicht über seinen Körper und gefährliche Wölfe müssen ihn erst einmal bezwingen.

 

Wenn Jesus die Tür ist, wer sind dann die Menschen, die durch den Glauben an Ihn in den sicheren Stall – gemeint ist das Reich Gottes – hineingehen können? Jesus gibt uns die Antwort: „Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich eintritt, wird er gerettet werden (Joh 10,9)“.

 

Ich stelle mir das Kreuz Jesu Christi als Tür zum ewigen Leben vor. Durch seinen Kreuzestod sind die, die an Ihn glauben, grundsätzlich erlöst und sie können ihr persönliches Kreuz, ihr Schicksal und ihr Leiden deswegen sinnerfüllter tragen, durch es hindurchgehen und dadurch zur Erlösung finden. Wenn also jemand das Kreuz nicht scheut, sondern durch es hindurch geht, der wird gerettet werden und in das Reich Gottes eintreten. Dieses Reich Gottes fängt nicht erst nach dem Tod im Himmel an, sondern hier und jetzt.

 

Jesus als Tür zum Leben. Denken wir einen Moment mal über die Tür nach! Wozu braucht man überhaupt Türen?

 

Man braucht Türen, damit man etwas hat, was man hinter sich zumachen kann. So eine Tür bietet nämlich Schutz und Geborgen­heit. Wie schlecht hat es zum Beispiel ein Obdachloser? Er ist ungeschützt dem Wetter aus­geliefert, dem Regen, dem Wind, der Kälte. Und wenn böse Menschen ihn verprügeln wollen oder bestehlen, dann schützt ihn wieder keine Tür, die er hinter sich zuschließen könnte. Wie vielen Menschen in der Welt geht es so! Wir können Gott nur danken, dass wir es besser haben, dass wir ein Zuhause haben.

 

Trotzdem gibt es unsichtbare Feinde, bei denen nützt eine Tür aus Holz und Stahl nichts, die können uns auch in unserer Wohnung das Leben zur Hölle machen. Das sind böse Gedanken, schlechte An­gewohnhei­ten, Süchte, Ängste, Ärger, Streit oder Ver­zweiflung. Diese Feinde sind letztlich die unsicht­baren finsteren Mächte, von denen die Bibel redet. Sie können uns unser ganzes Leben kaputt machen. Aber es gibt einen Schutzraum, in dem wir vor ihnen sicher sind: Das ist Gottes Reich. Es gibt eine Tür, mit der wir die finsteren Mächte aussperren können, und diese Tür heißt Jesus Christus.

 

Wer getauft ist und an Jesus Christus glaubt, dem können die finsteren Mächte nicht mehr schaden. Wer durch die Tür Jesus Christus in den Schafstall des Volkes und des Reiches Gottes gekommen ist, der ist geschützt, der ist geborgen.

 

Wir wollen die Tür nun noch von einer anderen Seite betrachten, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Tür kann man nicht nur hinter sich zumachen, man kann sie auch vor sich aufmachen. Sie dient nicht nur dazu, dass alles Un­erwünschte draußen bleibt, sondern auch dazu, dass wir Zugang haben zu einem Raum, in dem wir uns gern aufhalten.

 

Jesus sagt: „Ich bin die Tür.“ Damit sagt er: Ich bin ein Schutz vor allen finsteren Mächten, die außerhalb von Gottes Reich lauern. Damit sagt er auch: Ich bin der Eingang zu Gottes Freude. Schutz und Freude im Reich Gottes, das bedeutet das Gleichnis von der Tür. Schutz und Freude – dafür hat die Bibel ein einziges schönes kurzes Wort: „Seligkeit“, ewige Zufriedenheit nennt sie das. „Selig“ ist, wer zu Gottes Reich gehört, von Jesus beschützt und von Jesus zur Freude geführt wird. Amen.