Predigt in der Osternacht, Lj. C – 2022

(zum Evangelium: Lk 24, 1-12)


Ostern ist das Fest des Lebens schlechthin. Das wollen uns jedenfalls alle Symbole der Osternacht deutlich machen, die wir normalerweise jetzt erfahren dürfen: das Feuer, das die Nacht erhellt, die Osterkerze, der Osterjubel, das Halleluja, das Osterwasser und auch die bunten Ostereier.

 

In geballter Form möchte dieses Fest uns zurufen: Unser Gott ist ein Gott des Lebens, er will, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben. So gesehen ist diese Nacht, die wir gerade feiern, auch eine Protestveranstaltung gegen den Tod und gegen alles, was tötet. Wir Christen stehen auf der Seite des Lebens und genau das feiern wir mit dem Fest der Auferstehung Jesu.

 

Das zu begreifen, ist allerdings gar nicht so einfach. Wenn wir uns das Evangelium einmal genauer anschauen, das wir gerade eben gehört haben, dann fallen nämlich ganz andere Worte auf:

Die Frauen stehen da RATLOS vor dem leeren Grab.

Sie ERSCHRECKEN und BLICKEN ZU BODEN.

Ihr Bericht wird von den Jüngern als GESCHWÄTZ abgetan. Und selbst als die Jünger mit eigenen Augen das leere Grab sehen, entsteht keine unbändige Freude, sondern nur VERWUNDERUNG über das, was geschehen war.

 

Das waren also die ersten Reaktionen auf das Wunder der Auferstehung: nicht Freude und Jubel, sondern Ratlosigkeit, Schrecken, Unglaube, Verwunderung.

 

Und das ist nur allzu verständlich und macht mir die Jüngerinnen und Jünger, die das Geschehen hautnah erlebten, wirklich sympathisch – und ihre Erzählung darüber umso glaubwürdiger. Jeder Mensch, der schon einmal am Grab eines geliebten Menschen gestanden ist, wird das verstehen. Wer so hautnah mit dem Tod konfrontiert wurde, kann nicht so einfach und plötzlich wieder an das Leben glauben. Er braucht Zeit, er braucht die Zeit der Trauer, der Ratlosigkeit, des Schreckens, des Unglaubens und der Verwunderung, bevor er aus ganzem Herzen daran glauben kann, was uns die Osterbotschaft vermitteln will: Nicht der Tod ist am Ende der Sieger, sondern das Leben. Jesus ist nicht tot, er lebt. Seine Liebe hat jede Sünde, jeden Tod, alle Feinde des Lebens besiegt.

 

Ich nenne das den „Trotzdem-Glauben“ und dieser „Trotzdem-Glaube“ ist die eigentliche Botschaft, die wir Christen unserer Welt anzubieten haben:

Bei allem Tod, bei aller Ratlosigkeit, aller Trauer, allem Terror, Krieg und Schrecken, allem Unglauben und aller Verwunderung – wir glauben trotzdem daran, dass das Leben schließlich und endlich siegen wird, weil Jesus Christus gezeigt hat, dass die Liebe trotz allem stärker ist als jeder Tod.

 

Auferstehung ist die Erkenntnis, dass Gott die Liebe ist und dass diese Liebe niemals und durch nichts besiegt werden kann. Jesus Christus hat uns diese Liebe durch seine Menschwerdung und seinen Tod am Kreuz geschenkt, damit wir Kraft bekommen für das Leben. Der unverrückbare Stein, der uns in unseren Gräbern der Ratlosigkeit und Angst, des Zweifels und der Sinnlosigkeit gefangen hält, wird durch die Auferstehung weggerollt. Frische Luft und Licht erfüllen den Raum und beseitigen den Leichengeruch. Wir werden neue Menschen, befreit von all unseren Fesseln, die uns am Leben hindern.

 

An Ostern sagt uns Gott, dass das Licht nicht ausgehen wird, dass sein Feuer brennt – für dich und für mich. Sichtbar in der Osterkerze, die wir zu Beginn der Feier in die Kirche getragen haben. Sie ist nicht nur ein schönes Zeichen – nein, es ist Wirklichkeit, heilige Wirklichkeit, dass Gott unter uns ist mit seinem Licht, mit seinem Leben, mit seiner Liebe und dass er es mit uns zu tun haben möchte.

 

Und die Botschaft des Ostertages an uns alle lautet: Geht hinaus in die Welt und sagt es allen: Das Licht ist stärker als die Finsternis. Jesus lebt.

Amen.