Predigt am Weihnachtstag 2015


"Nach christlicher Überzeugung hat Gott sich in Jesus auf unüberbietbare Weise offenbart und den Menschen einen Weg gezeigt, der zu einem geglückten Dasein führt. Das und nichts anderes ist mit Erlösung gemeint. Diesen Weg aber hat Jesus nicht nur gewiesen, sondern ist ihn auch selber gegangen."

 

(Imbach, Josef, Hört der Engel helle Lieder. Brauchtum und Betrachtungen zur Advents- und Weihnachtszeit, S 93)

 

Jesus weist uns den Weg zu einem geglückten Dasein. Und er macht es uns vor, wie das geht.

 

Glücklich sein, das eigene Leben als sinn- und wertvoll erfahren, das ist die stärkste Triebfeder, DIE Motivation für unser Leben. Jesus selbst ist das Wort, das uns dazu den Weg in die richtige Richtung weist. "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt." haben wir im Evangelium gehört.

 

Dieses Wort, nämlich Jesus selbst, Wohnung zu geben, auf dieses Wort sich einzulassen, daran Maßstab zu nehmen, das persönliche Leben immer wieder neu daraufhin auszurichten, das bleibt die konkrete, spannende und beglückende Aufgabe jedes einzelnen Christen.

 

Herr Jesus, was willst du, dass ich tue?

Herr Jesus, hilf' mir in dieser Entscheidung?

Herr Jesus, was würdest du sagen?

 

Dann bleibt er nicht fern von mir, irgendwo, abseits jeglicher Realität, sondern dann ist er, der Erlöser und Retter, mitten unter uns und mitten in meinem Leben. Ja, vielleicht sogar auch DIE Mitte meines Lebens?

 

Große Theologen haben versucht, das Geheimnis der Menschwerdung Gottes mit vielen Worten und langen Sätzen zu beschreiben und zu begreifen. Karl Rahner, der große Konzilstheologe, hat es - so meine ich - mit erstaunlich wenig und schlichten Worten auf den Punkt gebracht:

 

"Gott hat sein letztes, tiefstes, schönstes Wort

im fleischgewordenen Wort

in unsere Welt hineingesagt.

Und dieses Wort heißt:

Ich liebe dich, du Welt, du Mensch.

Ich bin da.

Ich bin bei dir.

Ich bin dein Leben.

Ich bin deine Zeit.

Ich weine deine Tränen.

Ich bin deine Freude." (Karl Rahner SJ)

 

So einfach und doch zugleich wunderbar kann die Weihnachtsbotschaft sein. Wenn sie doch auch nur jene erreichen könnte, die Weihnachten nicht oder nicht mehr feiern können.

Dass wir Weihnachten feiern können, ist ein Geschenk, das wir sorgsam auspacken und behüten sollten. Damit es nicht verkommt, sondern im Gegenteil: unser Leben hell macht und erfüllt.

 

Und so möchte folgende Worte des Würzburger Geistlichen Paul Weismantel leihen und an SIE weitergeben:

 

In Sehnsucht nach dir

 

Berühre du, o Gott,

die Gipfel meiner

Gedanken, damit in

den Tälern und Tiefen

meiner Seele deine

Saat wachse und reife.

 

Belebe du, o Gott,

die Kräfte meines

Herzens, damit darin

all das bewahrt bleibe,

womit du mich so reich

beschenkst.

 

Verwandle du, o Gott,

das Dickicht meiner

Trübsal, damit ich dein

heilsames Licht ausstrahle,

dort, wo ich

stehe.

 

Besiege du, o Gott, die

bösen Geister und

Gedanken in mir,

damit ich freimütig und

aufrichtig dir und den

Menschen diene.

 

Beflügle du, o Gott,

die Schwingen meiner

Fantasie, damit ich

nicht müde werde,

über dein Wirken zu

staunen.

 

Bestärke du, o Gott,

das Schwache in mir,

damit ich behutsam

und tatkräftig mich

einsetze für die Bewahrung

des Lebens.

 

(Paul Weismantel in: Reinhard Kürzinger / Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. Lizenzausgabe für Verlag Hohe, Erfstadt 2007)