Predigt am Herz-Jesu-Fest, Lj. B – 2018

(Lesung: Hos 11, 1.3-4.8a.c-9; Evangelium: Joh 19, 31-37)


Wir kennen sie, die klassischen Herz-Jesu-Darstellungen. Sie stammen aus einer vergangenen Zeit und oft kommen sie uns Heutigen etwas kitschig vor. Heute kann man das Herz Jesu oder das Herz Mariens auf T-Shirts sehen, aber die eigentliche und originellste "Herz-Jesu-Darstellung" ist und bleibt das Kreuz mit dem Leib des Herrn. Es ist und gehört weltweit zu den "Markenzeichen" der Christen. Im Kreuz erkennt der Christ die besondere Zuneigung, das besondere "Herz Gottes" zu den Menschen.

 

In vielen älteren Haushalten finden sich noch die klassischen "Herz-Jesu-Darstellungen", welche im 19. Jahrhundert und beginnenden 20. Jahrhundert zahlreich gedruckt und verbreitet wurden. Das Herz Jesu ist auf diesen Bildern groß dargestellt. Von ihm gehen Strahlen aus. Für Generationen von Menschen bildeten diese Darstellungen eine besondere Beziehung zum Gottessohn, sie waren also viel mehr als nur ein schöner Hausschmuck.

 

Neuere ähnliche Darstellungen gibt es auch heute. Eine hängt auch in meiner Wohnung. Sie zeigt Jesus, von dessen Herz Strahlen ausgehen. Darunter steht: „Jesus, ich vertraue auf Dich!“ Diese Darstellung geht auf die Visionen der hl. Schwester Faustyna Kowalska aus Krakau zurück und ist mittlerweile als Bild in vielen Kirchen weltweit zu finden.

Das Herz-Jesu-Fest. Im Zentrum steht das Herz Jesu. Was aber ist das Herz? Dieser Muskel, der Tag ein, Tag aus Blut durch den Körper pumpt und dadurch lebenserhaltend arbeitet? Wenn wir daran denken, fällt uns vielleicht der Herzinfarkt ein, den viele Zeitgenossen aus verschiedensten Gründen erleiden müssen. Oder wir denken an das "Herzklopfen" bei Aufregung oder Angst. Ein "Herzstechen" ist uns auch bekannt; auch sinnbildlich bei schweren Schicksalsschlägen. Herzen können auch gebrochen werden, sie können zerbrechen.

 

Wie kann man mit einem Herzen leben, das zerbrochen ist? Ich glaube, dass nur die Liebeswunden Gottes unsere Wunden heilen können. Menschliches Leid wird von göttlichem Leiden erlöst. Meine Zerbrochenheit wird durch seine Zerbrochenheit am Kreuz geheilt. Vielleicht geht die Liebe Gottes besser in unser Herz, wenn es angeknackst, verletzt, zerbrochen ist? Sind Mauern um unser Herz gebaut, kann die Liebe Gottes nicht durchdringen. Ich glaube, deswegen lässt Gott oft das Scheitern und das Zerbrechen zu. Auch wenn ich die Zukunft nicht kenne, weiß ich doch, dass eines immer gilt: Es gibt kein Wachstum ohne Veränderung (Weizenkorn in die Erde, Acker muss gepflügt werden, Weizen wird gemahlen, bevor Brot gebacken werden kann, Brot wird gebrochen, bevor wir es essen können...).

 

Und es gibt keine Veränderung ohne Hingabe und keine Hingabe ohne Wunden. Es gibt keine Fülle, ohne dass etwas zerbricht. Das Herz Jesu ist zerbrochen, damit wir Teil haben am Überfluss, am Göttlichem, am lebendigen Wasser, das aus seiner Seite geflossen ist und dessen Quelle niemals versiegt. 

Unsere Wunden sind sicher aufgehoben bei IHM. ER ist denen nahe, die ein zerbrochenes Herz haben (Ps 34,18).

 

Die Leidenden und Zerbrochenen sind oft Gottes beste Leute. In der Bibel finden wir sehr viele Beispiele dafür: Hanna weinte bitterlich über ihre Kinderlosigkeit, Elia schrie zu Gott und bat ihn, ihm das Leben zu nehmen. David fragte seine Seele tausendfach, warum sie so mutlos sei. Gott tut Großes durch Menschen, die große Verletzungen erlitten haben. Welch ein Trost, welch eine Würde, welch ein Gott!

 

Das Herz-Jesu-Fest ist nicht nur ein bildreiches und historisches Fest, welches in einigen Ländern und Regionen besonders gefeiert wird, z.B. in Tirol. Dieses Fest hat vor allem mit dem einzelnen Menschen zu tun. Und es hat mit unseren Gottesbildern zu tun. Wir glauben an einen Gott, der mitfühlen kann, der selbst gelitten hat, der für uns gelitten und Blut geschwitzt hat, der sich zerbrechen ließ (und heute noch lässt in der Eucharistie), damit unsere Gebrochenheiten Heilung, Sinn und Gnade erfahren. Jesus ist alternativlos der Beste!

Dieser Gott in Jesus Christus ist so groß, dass wir ihn uns auch auf diese Weise, als Herz, als "Lebensader" vorstellen dürfen. Ein Gott, der sich uns schenkt. Ein Gott, der aber auch unser Herz, das mehr ist als nur ein Lebensmuskel, entzünden und erreichen will. Dieser Gott will uns aber auch Fragen stellen: nach dem "Woher", "Wohin" und "Wozu" unseres Daseins, besonders dann, wenn der Einzelne lebensbedrohlich krank wird, wenn uns Schicksalsschläge treffen.

Ich möchte uns alle zu mehr Herz-lich-keit einladen, genährt vom Glauben an den Gott, der uns immer wieder neu Liebe ins Herz gibt.

Ich möchte nie vergessen, dass wir einen Arzt haben, der alle heilt, “deren Herz zerbrochen ist” (Jes 61,1). Der verwundete Heiler hat mit seinen Wunden für unsere Freiheit bezahlt. Mit seinem Kreuz schenkt er neue Hoffnung. Ihm sind Menschen, die im Stillen leiden, genauso wichtig wie alle, die unter schweren äußeren Umständen leiden.

 

Wir leben in einer herz-zerreißenden Welt. Aber Jesus ist der beste Arzt für jede Art von Herzensleid. Dieselben Hände, die den Himmel geschaffen haben, das Himmelsgewölbe ausgebreitet haben, breiten auch auf meinem wunden Herz eine heilende Salbe aus. Er, der mit dem Hauch seines Atems Galaxien ins Dasein rief, haucht auch Heilung in die Seele der Verletzten.

 

Halte dich an das Herz Jesu, halte dich an die Liebe Gottes, dann hält dich die Liebe Gottes. Amen.