Predigt am Fest Taufe des Herrn 2016


Jeden Gottesdienst und jede heilige Messe beginnen wir mit dem Kreuzzeichen.

 

Es erinnert uns ebenso wie das Weihwasser am Eingang der Kirche an unsere eigene Taufe, in der wir zu Kindern Gottes wurden.

 

Gottes Hl. Geist ist in uns und ruft uns hier als Gemeinschaft der Glaubenden immer wieder zusammen.

 

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in diesem Gottesdienst zur Ruhe kommen können, dass Sie das eine oder andere gute Wort mit nach Hause nehmen und sich für die kommende Woche aus der Quelle des Glaubens stärken können.

 

Das heutige „Fest der Taufe des Herrn“ beendet die Weihnachtszeit.

 

Was aber bedeutet für uns eigentlich unser Getauftsein? In unserer Zeit müssen wir mit fast „allen Wassern gewaschen sein“, um in dieser komplizierten Welt der Wirtschaft, der Technik, der vielfältigen Anforderungen und Belastungen tagtäglich zurecht kommen zu können. Für mich wird es immer wichtiger zu wissen, dass das Sich-Immer-wieder-neu-Erinnern an meine Taufe mich jedes Mal auf JESUS CHRISTUS zurückbezieht. Ich habe im unübersichtlichen Dschungel dieser Welt einen festen Bezugs- und Haltepunkt, von dem aus ich immer wieder neu beginnen kann.

 

Getauft sein bedeutet, dass ich von Anfang an – wie Jesus – von Gott angenommen, gesegnet und geliebt bin. Die Stimme aus dem Himmel sprach: „Du bist mein geliebtes Kind, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ Das gilt auch für uns.

 

Wer im Laufe seines Lebens aus der Taufe leben lernt, wird erfahren, dass Gottes Verheißungen für ihn gelten, dass er nicht alles alleine bewältigen muss, sondern Jesus, den Hl. Geist und Gott an seiner Seite ist. Dadurch kann man mutig durch's Leben gehen, trotz aller Widerstände. Diese Kraftquelle ist unbezahlbar!

 

Wer aus der Taufe leben lernt, bekommt einen inneren Kompass mit, an dem er sich immer wieder orientieren kann. So findet er immer wieder zurück auf die Straße zum echten Leben. Der Getaufte ist nie alleine, er hat Gott in sich und an seiner Seite als Partner, Freund und Wegbegleiter. Er weiß sich mit Gleichgesinnten verbunden. So kann er unabhängig von allen wechselnden Zeitgeistern aufrecht, aufrichtig, klar und eindeutig nicht nur sein Leben positiv gestalten, sondern auch für andere Spuren der Menschlichkeit, der Barmherzigkeit, der Gerechtigkeit und der Solidarität leben.

 

Ein Mensch, der aus dem Bewusstsein seiner Taufe lebt, wird ein ganzheitlich stimmiger Mensch werden, der sich selbst achtet und von anderen geachtet wird.

 

Das eben Gehörte will folgende Geschichte auf moderne Weise verdeutlichen:

 

Der Schritt zurück

(Annette Rauert)

 

Er stand am Rand. Zehn Meter unter ihm die gleißende Wasseroberfläche.

 

Er hatte Angst, nackte Angst. Hinter sich hörte er die Stimme des Trainers: „Spring!“

Leute starrten nach oben. Er musste springen, damit sie ihre Sensation bekamen.

 

Er fühlte, dass er es nicht schaffen würde. Er war noch nicht soweit.

 

Aber er musste beweisen, dass er ein Mann war.

 

Lieber tot sein, als sich vor diesen Gesichtern zu blamieren. Er blickte nach unten. Warum lächelte niemand? Lauter gespannte Ovale mit harten Augen.

 

Er forschte in seinem Gewissen. Wenn er sprang, war irgendetwas damit erreicht? Tat er damit etwas Falsches? Etwas Richtiges? Er wusste, was er tun sollte, warum sträubte er sich dagegen? Aber war das Springen heldenhaft, hatte es einen Sinn? Ein Schritt nur! Sein Fuß schob sich langsam vor.

 

Dann ging ein Ruck durch seine Gestalt. Er richtete sich auf und drehte sich um. Ganz bewusst. Seine Unsicherheit war von ihm gewichen, der Druck, der auf ihm lastete, verschwand. Langsam kletterte er die Leiter herab und schritt durch die starre Gruppe. Zum ersten Mal in seinem Leben trug er den Kopf hoch. Er begegnete den Blicken der anderen mit kühler Gelassenheit. Keiner sprach ein Wort oder lachte gar.

 

Er fühlte sich so stark, als hätte er gerade die wichtigste Prüfung in seinem Leben bestanden. Er spürte so etwas wie Achtung vor sich selbst.

 

Eines Tages würde er springen, das wusste er plötzlich.