Predigt am 6. Sonntag i. Jkrs., Lj. A – 2020

(Lesung: 1 Kor 2, 6-10; Evangelium: Mt 5, 20-22a.27-28.33-34a.37, Kurzf.)


„Ihr habt gehört, dass ... Ich aber sage euch ...!“

 

Diese Sätze wiederholt Jesus im heutigen Evangelium mehrfach und dadurch wirken sie eindringlich auf uns. Sie wollen in uns eindringen. Jesus ist hier wie ein Lehrmeister, der das alte Gesetz zwar kennt und zitiert, es aber neu mit dem, was er dazu sagt, mit neuem Leben erfüllen will. Und seine Worte sind erschreckend deutlich.

 

Jesus will keine Oberflächlichkeit, er will Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit: Eure Rede sei: „Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen!“ – Puh ...

 

Jetzt haben wir in unserer multikulturellen und postmodernen Gesellschaft aber das Phänomen und das Problem, dass der moderne Mensch nicht mehr genau weiß, was er tun soll. Es gibt eine Fülle von Optionen und Möglichkeiten. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Wenn kein Gott, keine gesellschaftliche Ordnung, kein soziales Milieu, kein Elternhaus oder andere Autoritäten dir vorschreiben können, wer du sein und was du tun sollst, dann stehst du alleine da und musst für dich die richtigen Werte finden. Leider lassen sich bei dieser vielfachen Unklarheit auch die falschen Werte finden, die keinen wirklichen Wert für das Gesamte haben: Nationalismus, Rassismus, völkisches Denken und Handeln und vieles mehr.

Die derzeitige politische Lage in Deutschland zeigt, dass die großen Volksparteien immer mehr im Ansehen schrumpfen und die radikalen Ränder größer werden. Solche Situationen können gefährlich werden.

„Wer sagt mir eigentlich, wo´s langgeht!?“

Dieses Gefühl, ja, dieser Ausruf wird immer stärker.

„Es sind unsere Entscheidungen ..., die zeigen, wer wir wirklich sind – viel mehr als unsere angeborenen Fähigkeiten.“

 

Ein weiser Satz! Er stammt nicht von mir. Er stammt vom weisen Schulleiter Albus Dumbledore aus einem der berühmten und weltweit bekannt gewordenen Harry-Potter-Büchern und -Filmen, nämlich aus dem letzten Kapitel von „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“. Dumbledore tröstet hier Harry Potter, der sich sorgt um seinen Weg, um seine Entscheidungen, ob sie richtig sind.

 

Geschrieben hat diese Kinderromane einer Zauberer-Parallelwelt Joanne K. Rowlings vor vielen Jahren alleinerziehend, weitgehend mittellos und ohne Verlag im grauen Edinburgh, die später die Welt eroberten. Neben all den phantastischen Handlungen sind immer wieder grundsätzliche Wertfragen zwischen Gut und Böse, zwischen Hell und Dunkel, zwischen Freundschaft und Verrat, zwischen Standhalten oder Flüchten im Zentrum des Geschehens.

(vgl. https://www.welt.de/vermischtes/article139147042/Von-unserer-Obsession-immer-perfekt-sein-zu-muessen.html)

 

Ein Credo der damals armen und heute zur Milliadärin gewordenen Frau Rowling lautet gleichsam: Es sind unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind. Du bist, was du sein willst. Du bist, was du entscheidest. Du bist zu nichts bestimmt und zu nichts verdammt.

Dieses Credo ist hochmodern und der Ausdruck davon, dass du letztlich selbstverantwortlich für den Denken, Fühlen, Reden und Tun bist.

 

Für mich als Menschen im Jahr 2020, aufgewachsen in einem reichen westlichen Industrieland, stimmen diese Worte. Sie sind für mich als Christ, der ich auch und vor allem bin, aber nicht die ganze Wahrheit. Ich will mich an den Worten und Taten Jesu Christi ausrichten, mich von ihnen in meinem Denken, Fühlen und Handeln inspirieren und leiten lassen und dadurch zu guten Entscheidungen und zu wegweisenden Handlungen kommen.

 

Die alte christliche Lehre von der Unterscheidung der Geister ist dabei eine große Hilfe. Vereinfacht und gerafft dargestellt bedeutet dies (https://www.pastorale-informationen.de/medien/28935/original/1867/Unterscheidung-der-Geister.pdf):

 

1.   Wahrnehmen und erkennen: was bewegt mich?

2.   Unterscheiden und Entscheiden: Was ist das Bessere? Was ist jetzt dran?

3.   Frei werden

4.   Unterscheidung der Geister - Hinweise für die Unterscheidung

 

Im Allgemeinen/in der Regel spricht für die Herkunft vom Geist Gottes:

 

• Wenn mir für ein Vorhaben gute Motive zur Verfügung stehen.

• Wenn mir auf Dauer die nötige Zeit und Kraft dafür gegeben ist.

• Wenn sich etwas gut einfügt in den Rahmen meiner anderen Aufgaben und Verpflichtungen.

• Wenn sich etwas “wie von selbst“ mir nahelegt.

• Wenn ich bei der Erwägung eines Vorhabens ein gutes Gefühl habe, mag das Vorhaben auch noch so schmerzlich und hart für mich sein.

• Wenn die betreffende Sache auch ästhetisch schön und ansprechend ist.

• Wenn ich mir gut vorstellen kann, dass auch Jesus so entscheiden und handeln würde.

• Wenn ich mich bei einem Vorhaben in guter Gesellschaft befinde.

• Wenn ein Vorhaben in mir Glauben, Zuversicht und Vertrauen hervorruft bzw. herausfordert.

• Wenn es der Liebe dient; Ausdruck der Liebe ist und sie stärkt.

 

Im Allgemeinen/in der Regel kommt nicht vom Geist Gottes und ist also nicht der Wille Gottes:

 

• Was über meine Kräfte geht, was mich permanent überlastet und überfordert.

• Was nur mit äußerster Anstrengung, mit Gewalt und Kampf verwirklicht werden kann, mit viel Hast und Hektik verbunden ist und Ängste auslöst.

• Was maßlos und verstiegen anmutet, aufsehenerregend und sensationell auf mich und andere wirkt. Gott wirkt diskret.

• Was ich nur mit dauerndem Widerwillen und Ekel tun kann

• Was sich ordinär, primitiv und unästhetisch gibt.

• Was kleinlich, haarspalterisch und spinnig wirkt.

• Was keine “Erdnähe“ hat und nicht konkret werden kann.

• Was lieblos ist und sich für mich und andere destruktiv auswirkt.

• Was nicht zu der Art und Handlungsweise Jesu passt, wie ich ihn kennen gelernt habe.

• Was mir den Sinn für das Gebet und die Freude daran raubt.

 

„Wer sagt mir eigentlich, wo´s langgeht?“

 

Selbstverantwortlich in sich hineinhörend, aber auch an allgemeinen bewährten und menschlichen Werten sich orientierend und vor allem immer wieder sich auf den Geist und das Handeln Jesus berufend denken, fühlen und handeln. Dann sind wir auf dem richtigen Weg. Amen.