Predigt am 30. Sonntag im Jahreskreis, Lj. A – 2017

(Lesung: Ex 22, 20-26; Evangelium: Mt 22, 34-40)


Vom heiligen Augustinus stammt das Wort „Liebe und dann tu, was du willst!“. Auf den ersten Blick hört sich das unerhört und nach Eigennutz an. Ja, wo kämen wir denn da hin, wenn jeder machen würde, was er will? Wer die Worte des Augustinus so deuten will, dass ein wenig Liebe ausreicht, um hemmungslosen Egoismus im eigenen Handeln zu rechtfertigen, der begreift überhaupt nicht, was Liebe ist.

 

Die größte Herausforderung des heutigen Evangeliums ist für mich die Beschreibung, die Jesus dem ersten Gebot mitgibt: „... mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste ...“.

Manche Menschen sagen heute Sätze wie: „Irgendwo gibt es schon noch einen Gott, und wenn ich einigermaßen anständig lebe, wird's schon in Ordnung sein.“

Das ist schon sehr dürftig und nicht das Gleiche wie: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.“ Für Jesus wäre das zu oberflächig, zu banal.

Buchstabieren wir doch einmal durch, auf welche Weise Jesus sich unsere Gottesbeziehung und daraus folgend dann auch die Beziehung zum Nächsten vorstellt:

 

Mit ganzem Herzen: Da geht es nicht um viele Worte, nicht um lange Gebete, nicht um große Leistungen. Da geht es um unser Innerstes, um unser Herz, um unsere Liebe zu Ihm. Glauben ist zuallererst eine Liebesbeziehung! Da geht es darum, unser Herz immer wieder auf Empfang zu stellen, nicht nur am Abend und am Morgen: Du bist da, ich bin da, du liebst mich, ich liebe dich. Du, mein Gott und mein Alles! Mit Dir kann ich leben und das Ziel immer im Auge behalten.

 

Mit ganzer Seele: Das ist mein innerster Kern, meine unzerstörbare Mitte, der bereits in der Taufe ewiges Leben zugesagt wurde. Aber auch sie ist nicht der menschlichen Freiheit entzogen.

Ich kann meine Seele verlieren, wenn ich nicht auf ihre Stimme höre. Diese will mir immer wieder den Sinn meines Lebens und mein Ziel aufzeigen.

 

Mit all deinen Gedanken: Glauben hat auch mit Wissen und Verstand zu tun! Wir merken heute immer mehr: So verkehrt ist es nicht, Katechismuswahrheiten und natürlich auch Gebete auswendig zu kennen. Vor allem im Krankenhaus darf ich diese Erfahrung immer wieder machen. Wenn du nichts mehr hast, dann hast du das, was du im Inneren hast.

Was tue ich für mein Glaubenswissen? Was lese ich? Was höre ich? Wie bilde ich mich weiter? Suche ich mir aus dem Fernsehprogramm auch religiöse Sendungen heraus?

 

Die Frage nach dem wichtigsten Gebot war im heutigen Evangelium der Ausgangspunkt. Der moderne Mensch würde heute wohl anders fragen: Was ist wirklich wichtig im Leben?

Die Antwort Jesu bleibt die gleiche: Das Wichtigste ist deine Beziehung zu Gott. Sie trägt alles andere.

Suche Gott mit ganzem Herzen, ganzer Seele und all deinen Gedanken! Alles andere wird dir dann hinzugegeben werden. Das stimmt wirklich – probieren Sie es aus! Amen.