Predigt am 25. Sonntag im Jahreskreis, Lj. A – 2017

(Lesung: Jes 55, 6-9; Evangelium: Mt 20, 1-16)


Wer viel arbeitet, der verdient auch viel. Stimmt das?

Leider nicht, viel zu oft stimmt das nicht und ich denke mir oft, wie ungerecht doch die unterschiedliche Bezahlung von Putzfrauen, Kassiererinnen, Pflegekräften und Ingenieuren, Managern oder anderen Topverdienern ist. Die einen schuften genauso viel wie die anderen oder sogar mehr und bekommen viel weniger unter´m Strich heraus.

Diese Grundfrage der Gerechtigkeit z. B. in der Entlohnung bringt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ins Wort. Dabei verwirrt der Inhalt immer wieder und immer noch, denn er bringt ein grundsätzliches Problem des Menschen in geniale Worte: Der Mensch denkt so ... und Gott denkt ganz anders. So hieß es schon in der Lesung aus dem Alten Testament: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege.“

 

Gott handelt aus Großzügigkeit und das kommt bei den Wenigsten leider gut an. Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit, wenn der Faule den gleichen Lohn wie der bekommt, der viel mehr geleistet hat? Da stimmt doch was nicht! Das darf nicht sein, ja wo kämen wir denn da hin?

 

Wo wir hingekommen sind mit Arbeitseifer und Disziplin ist klar – Deutschland gehört zu einem der reichsten Länder der Welt und die Wirtschaft boomt wie selten zuvor. Das ist gut, aber es hat auch Schattenseiten. Viele Menschen wissen vor Arbeitsbelastung nicht mehr ein noch aus, Erschöpfung und Burnout greifen wie eine Epidemie nach vielen Seelen. Und die Fragen nach Altersversorgung und ausreichender Rente werden immer drängender. Da rackerst du dich ein Leben lang ab und dann ... ja dann, droht dir Altersarmut. Und die 10 Prozent der Superreichen wissen gar nicht mehr, wohin mit ihrem Geld ...

 

Da muss man wirklich aufpassen, dass man nicht wütend wird oder resigniert. Hinzu kommen negative Gefühle wie Gier, Eifersucht oder Neid, wie es auch im letzteren Falle im besagten Gleichnis heißt, wo der Arbeitgeber zum unzufriedenen Arbeiter sagt: „Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?“

 

Wir müssen wieder lernen, unsere Lebensenergie richtig einzuteilen und die „Kreativität der Langsamkeit“ (gleichnamiges Buch von Fritz Reheis) zu lernen. Und wir dürfen wieder hinter allen Fragen der notwendigen und friedenstiftenden Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft die tieferen Werte der Gelassenheit, Güte, Klugheit und Zufriedenheit lernen.

 

Wer gewann denn in der alten Fabel das Wettrennen, der Hase oder der Igel? Der Igel war klüger, denn er platzierte seine ihm zum Verwechseln ähnlich aussehende Frau in der Nähe des Ziels. Und dem aus der Puste gekommenen Hasen kam es so vor, als ob der Igel vor ihm am Ziel war. Wie hat er das nur gemacht?

 

Es geht nicht darum, dass wir uns andauernd abmühen und abhetzen und nur noch hart arbeiten. Es geht vielmehr darum, dass wir klug und intelligent arbeiten und mit unseren Kräften richtig haushalten. Darin liegt nicht nur die Zukunft unserer Volkswirtschaft, darin liegt das ganzheitliche Wohl jedes Einzelnen. Nicht immer hart zu sich sein, sondern lernen, gütig zu sich zu werden, das könnte eine Lehre des heutigen Gleichnisses sein. Gütig zu sich und anderen sein, so wie Gott gütig ist in der Bewertung von Leistung und Tun. Das bringt nicht nur persönlichen Gewinn, es bringt auch neuen Wohlstand, der in Zukunft neben der Leistung viel mehr in tieferen Werten wie Glück und Zufriedenheit gemessen werden wird als in Geld und Konsum.

 

In Michael Endes berühmten Buch „Momo“ sagt der sicherlich unterbezahlte aber altersweise gewordene Beppo Straßenkehrer zu dem Mädchen Momo etwas Geniales, das ich heute gerne an Sie weitergebe:

„Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man. Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt.

Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst zu tun und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen. Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du?

Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.

Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste. Das ist wichtig.“

 

Genau, das ist wichtig! Ich wünsche uns einen gesegneten Sonntag, an dem wir darüber gerne wieder einmal darüber nachdenken können. Ach ja – und gehen Sie bitte zur Wahl! Amen.