Predigt am 22. Sonntag im Jahreskreis, Lj. A – 2017

(Lesung: Jer 20, 7-9; Evangelium: Mt 16, 21-27)


„Das soll Gott verhüten!“, so sagt Petrus vorwurfsvoll zu Jesus, als er seinen Jüngern von seinem bevorstehenden Leidensweg nach Jerusalem erzählt. Und Jesus antwortet in einer selten scharfen Weise darauf: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen!“

 

Wir verstehen die Reaktion Jesu kaum, wir fühlen, denken und handeln eher wie Petrus und sagen zu uns oder guten Freunden sinngemäß „das soll Gott verhüten“, wenn Schlimmes sich wie dunkle Wolken am sonst so sonnigen Himmel ankündigt. Wir alle wollen leicht durch´s Leben kommen und scheuen das Schwere.

 

Das ist nachvollziehbar und verständlich. Aber ist das richtig? Ist das realistisch? Leben ist nicht nur immer Sonnenschein ...

 

Haben Sie da eigentlich schon einmal weitergedacht? Was wäre denn geworden, wenn Jesus sich von Petrus umstimmen lassen hätte?

Dann hätten wir keinen Grund, heute am Sonntag zusammen zu kommen und unsere Erlösung zu feiern.

Jesus hätte als Erlöser seinen Sinn und seine Seele verloren. Er hätte seinen einzigartigen und besonderen Auftrag verwirkt.

 

Es kommt vor, dass ältere Menschen, wenn sie aus ihrem Leben erzählen, sinngemäß folgendes sagen: „Als diese und jene Entwicklung in meinem Leben, in der Familie oder im Beruf auf einmal da war, da habe ich mich dagegen gewehrt. Aber mit den Jahren habe ich gespürt, wie das Unerwartete, das zunächst von mir Abgelehnte, meinem Leben eine neue und nicht selten auch eine gute Wendung brachte.“

 

Kennen wir nicht alle diese „Seite der Medaille“? Hätten wir nicht alle etwas Ähnliches zu erzählen? Ein Abschied, eine Trennung, ein beruflicher Rückschlag, eine Krankheit oder ein Schicksalsschlag sind schlimm und selten schwer zu verkraften, aber sie haben auch eine andere Seite: Die helle Seite der sonst dunklen Medaille, die uns und unser Leben weiterbringen will.

 

Wir Christen müssen aufpassen, dass uns die immer größer werdende gesellschaftliche Tendenz, nämlich, dass das Leben als Ganzes auf jeden Fall gelingen muss, zu sehr ansteckt. Ein nur gelingendes Leben ist schlechthin einfach nicht wahr, es überfordert uns Menschen. Immer vom Gelingen her das Leben zu definieren, führt am tieferen Sinn des menschlichen Lebens vorbei. Zu unserem Leben gehören Einschnitte, Abbrüche, Stolpern, Misslingen, Rückfälle. Es endet im Sterben und im Tod, rein menschlich gesehen in einer Niederlage. ABER ... Wer das „heilsame Scheitern“ in seinem Leben nicht lernt zu integrieren, der wird nicht nur unzufrieden und unglücklich, er überfordert sich, andere und Gott mit dem permanenten Anspruch des Perfektionismus.

 

Gelingen und Misslingen, Hell und Dunkel, Krankheit und Gesundheit, Verlust und Gewinn – alles gehört zusammen. Das Schwere bringt oft mehr voran als das Leichte und Angenehme. Wir wissen das und deshalb sollten wir uns heute wieder einmal darauf besinnen und uns unserem unrealistischen Wunschdenken entgegenstellen.

 

Leben ist mehr als nur das Gelingen. Der Weg Jesu führt ins Scheitern! Sein Weg ist ein Wegschauen von sich selbst und seinen Wünschen. Er verfolgte nicht seinen Willen, sondern den tieferen Sinn des Willens Gottes. Und der führte Jesus durch´s Scheitern hindurch zu einem echten Gelingen, das bis heute wirkt. Jesus reagiert deshalb auf Petrus´ Aussage so scharf, weil er selbst die Versuchung zum „leichten Weg“ in sich kannte. Deshalb nannte er Petrus so scharf „Satan“ – Versucher.

 

„Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren. Wer es aber um meinetwillen verliert, der wird es gewinnen - für das ewige Leben.“ – Das ist der Kernsatz des heutigen Evangeliums. Wir leben nicht nur für uns allein, wir leben für einen tieferen Sinn. Jede und jeder von uns muss ihn finden, wenn er oder sie will, dass sein Leben letztlich – trotz so manchen Scheiterns – ein gelingendes sein soll.

 

Wer sich auf diesen Weg macht, dessen Leben geht in die richtige Richtung und dessen Existenz hinterlässt Spuren der Erlösung ... Amen.