Predigt am 20. Sonntag i. Jkrs., Lj. C – 2022

(Lesung: Hebr. 12, 1-4; Evangelium: Lk 12, 49-53)


Jesus ist gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen?  Jesus ist nicht gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen, sondern Spaltung?  Was ist denn das für ein Jesus, der im heutigen Evangelium zu uns spricht?

Haben wir nicht gelernt, dass Jesus der Friedensstifter ist? Ist er nicht die Liebe Gottes in Person? „Jesus sprach zu den Jüngern: Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen". Diese Botschaft stößt uns vor den Kopf. Und so ist genau das passiert, was der Evangelist Lukas beabsichtigt.

 

Es geht heute eindeutig um Entschiedenheit. Manchmal ist Entschiedenheit der einzige Weg zu einer echten Lösung. Alle Kompromisse oder windelweiche Ausweichnichtentscheidungen frustrieren nur auf Dauer und bringen nichts. Dazu ein griffiges Beispiel aus der Geschichte.

 

Als im Zweiten Weltkrieg Hitler ganz Europa zu unterwerfen drohte, bekamen die Briten 1940 einen neuen Premierminister. Winston Churchill. Sein Vorgänger Neville Chamberlain hatte mit immer neuen Kompromissen und Zugeständnissen versucht, den Frieden zu retten. Mit dieser Appeasementpolitik hatte er aber nur ein Volk nach dem anderen diesem Diktator ausgeliefert. Dieses Nachgeben wurde von Hitler sogar ins Lächerliche gezogen. Winston Churchill trat ganz anders auf. Er sagte den Engländern damals in seiner berühmten „Blood, sweat and tears“-Rede: „Wenn wir uns gegen das Böse stellen, dann bedeutet das „Blut, Schweiß und Tränen“. Er wusste, dass ein Krieg gegen das Böse viele Opfer fordern würde. Aber er erkannte aber sehr klar, dass es keinen Sinn haben würde, Hitler nachzugeben. In dieser Situation konnte es keine Kompromisse geben, man durfte sich nicht durchmogeln. Man musste klar Position ergreifen.

In unserer kath. Kirche haben wir in den letzten 50, 60 Jahren auch ein falsches Umgehen mit dem Bösen – ich meine hier den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen – erlebt und ernten jetzt die giftige Ernte. Ein falsches Inschutznehmen von Tätern, ein unwürdiges Umgehen mit Opfern, faule Kompromisse, Durchmogeln und Vertuschen, all das hat den gefährlichen Erreger am Leib der Kirche sein schwächendes Werk vollziehen lassen. Jetzt müssen ganze Körperteile entfernt werden, um den Gesamtkörper Kirche noch retten zu können.

 

„Allen wohl und niemand wehe“, so kann und soll sich eine Kirche nicht verhalten, die dem Auftrag Jesu folgen und gerecht sein will. Jesus selbst wusste, dass das nicht geht und dass man oft Position beziehen und für seine Überzeugung einstehen muss. Es geht nicht darum, die Friedfertigkeit über Bord zu werfen – wir haben Jesu Worte noch im Ohr: „Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu die bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung.“ – es geht um Konsequenz und Entschiedenheit, ohne die das Christentum nicht zu haben ist. In einer Zeit, wo die sog. Volkskirche, in die man geboren wurde, in der man gelebt hat und in der man gestorben ist, immer unbedeutender wird, geht es immer mehr um eine Entscheidungskirche. Es geht darum, sich immer wieder neu für oder gegen etwas zu entscheiden, so auch im Glauben! Christsein wird wieder mehr kosten. Da meine ich nicht eine Kirchensteuer oder ähnliches, sondern innere Klarheit, Entschiedenheit und auch Auseinandersetzungsbereitschaft.

 

Dieses Evangelium heute zeigt uns einen Jesus aus Fleisch und Blut, mit Temperament und Feuer. Es scheint, dieses Feuer muss erst einmal in der Tat vieles verbrennen ‑ auch in uns, als käme es beim Christsein nur auf ein freundliches „Seid nett zueinander!“ an, auf ein „Tut nur ja niemandem weh!“.  Der Glaube an Jesus bedeutet nämlich nicht blutleere Harmlosigkeit.

 

Das Wort Jesu im Evangelium vom Feuer, das falschen Frieden, falsches Sich‑zufrieden‑Geben verbrennen will, kann hoffentlich dann auch das Bild des harmlosen Christen verbrennen, mit denen niemand zu rechnen braucht in der Politik, in den Medien, in der öffentlichen Meinung oder bei den Entscheidungen in den Firmen, weil sie eben nichts bewirken durch ihr Wischiwaschisein. Wie anders ist es, wenn ein echter Christ widerständig und widerspenstig aus dem Geist des Evangeliums heraus denkt und handelt. So jemanden kann man nicht übergehen oder links liegen lassen.

 

Jesu Botschaft heute lautet ganz deutlich: Entscheidung und Stellungnahme sind gewünscht, nein, sie sind von Jesus gefordert. Amen.