Predigt am 1. Weihnachtstag, Lj. A – 2019

(Erste Lesung: Jes 52, 7-10; Zweite Lesung: Hebr 1, 1-6; Evangelium: Joh 1, 1-4.9-14, Kurzf.)


Eine Woche vor Weihnachten von mir erlebt: Ein Mann von ca. 70 lässt sich von einer Verkäuferin beraten, was er denn seiner Frau schenken kann. Dabei betont er immer wieder – und ich traute meinen Ohren kaum - , dass das Geschenk nicht mehr als 20 Euro kosten sollte. Was die Verkäuferin als Frau wohl dachte? Unmöglich, aber wohl gar nicht so selten. Und wo sind die beiden dann gelandet? Beim Parfümregal, ach herrje ...

 

Einen Tag vor Weihnachten von mir erlebt: Ich musste, auch wenn ich es wirklich vermeiden wollte, kurz vor Hl. Abend ein Zubehör für ein elektronisches Gerät in einem großen Elektromarkt in unserer Stadt besorgen. Ich war extra früh am Morgen dort und ... Massen von Menschen. Sechs Kassen waren geöffnet und trotzdem musste ich fast 10 Minuten in einer sehr langen Warteschlange verbringen. Dabei konnte ich den Gesprächen verschiedenster Menschen zuhören und war sehr ernüchtert über deren gar nicht weihnachtlichen Inhalt ...

 

Allseits sieht man Menschen hetzten,

durch die Ladengänge wetzen,

unsicher, ob alle schätzen,

was der Anlass ist.

Schnell noch die Krawatte kaufen,

Computerspiele, laufend laufen,

Ohrringe und Silberketten

und Tonnen edlen Festtagsessens.

Doch was zählt sind nicht die Dinge,

sondern seine Zeit verbringen

mit den meistgeliebten Menschen,

ihnen seine Zeit zu schenken.

 

(Gedicht „Zeit schenken“ https://weihnachtsgedichte.de/text/81/)

 

Was war eigentlich einmal noch Weihnachten? Das Fest der Liebe. Das Fest des Miteinander. Das Fest des Sich-Beschenkens. Das Fest der Geburt des Gottessohnes.

 

Und bei allem: Sich gegenseitig Zeit schenken ...

Schon letztes Jahr hatte sich EDEKA dazu ein besonderes Werbevideo einfallen lassen: Bei allem Werkeln und Tun nicht die alten Menschen, die alten Eltern vergessen. Dieses Jahr hat EDEKA die Kinder im Blick, denen man Zeit, Zuwendung und Liebe schenken sollte: https://www.edeka.de/zeitschenken/

 

Eine besondere Initiative mit dem interessanten Namen „Zeit statt Zeug“ wirbt dafür, statt das dritte Handy, den sechsten Schal oder das zehnte Parfüm zu verschenken, etwas Einzigartiges zu teilen: nämlich gemeinsame Zeit!

Denn ¼ der Lebensmittel in Deutschland werden weggeschmissen, 1/3 unserer Kleidung bleibt ungetragen im Schrank. All diese Dinge machen uns nicht glücklich. Es sind vor allem unsere sozialen Kontakte und die gemeinsam verbrachte Zeit, die uns glücklich machen, nicht der Konsum. Auf https://www.zeit-statt-zeug.de/de#project kann man sehr interessante Ideen des gemeinsamen Zeitsharings entdecken und kreativ nachmachen.

 

Wir von der Seelsorge hier im Krankenhaus versuchen das ganze Jahr über, den Menschen in ihren Freuden und Leiden, in ihren Sorgen und bei ihrem Pläneschmieden gute Zuhörer und Zeitschenker zu sein. Aber nicht nur wir, sondern ganz viele Angehörige und deren Besuche sind dafür mitverantwortlich, dass die nicht selten lange Zeit des Wartens und hoffentlich Gesundens erträglicher wird und aufbauend ist.

 

Ein Gedicht von Guido Horst bringt dies in gute Worte:

 

Wir leben doch in einer schnellten Zeit.

Keiner ist zum Zuhör´n mehr bereit,

keinen interessiert´s was andere sagen,

nur schnell das eigne Leid noch klagen.

 

Ja und schon zieht man weiter fort,

gedanklich schon am nächsten Ort.

Doch denke dran und merk es dir ...

 

Dem Menschen zuzuhör´n, das ist ein Gott Geschenk.

Dem Gegenüber Zeit zu schenken, wenn er klagt und

auch einmal zur Seite steh´n mit Wort und Tat.

 

Viel Kummer würde dadurch kleiner,

wenn man wüsste, da ist doch einer.

Ein Mensch der mir zur Seite steht,

ein Mensch, der mit mir ein Stück des Weges geht,

jemand, der mich hört und mich versteht,

ein Mensch, der ein Stück des Weges mit mir geht.

 

https://www.spruch-archiv.com/completelist/?query=Zeit+schenken

 

Wie hieß es so schön im Evangelium zum ersten Weihnachtstag: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen ...“

Alle Theologie und Philosophie einmal Beiseite lassend: Ja, ein gutes Wort, eine geteilte Zeit bringen Licht in so manche Finsternis, schenken neues Leben und sind Gaben von Gott. Probieren Sie es mal aus in dieser Weihnachtszeit: Kinder, Alte, Kranke und Einsame warten darauf. Sie werden dabei selber glücklicher werden. Amen.