Predigt Abschiedsmesse in Vierzehnheiligen

am 2. Oktober 2016


Es ist nun so weit: mein Abschied von Vierzehnheiligen ist gekommen.

 

Vor über 11 Jahren predigte ich Ende Juli 2005 zu der eben gehörten Evangeliumsstelle folgendes – und ich weiß es, als ob es gestern gewesen wäre:

 

„Als ich gestern mit Freunden den Staffelberg erwandern konnte, erlebte ich, wie ein Landwirt mit seinem Traktor ein abgeerntetes Feld umackerte. Obwohl seine Maschine viel Kraft besaß, tat sie sich beim Umpflügen des Ackers richtig schwer. Danach sah ich die schwarze aufgerissene Scholle, das untergepflügte Stroh und roch den kühlen Duft von frischer Erde. Im heutigen Evangelium werden u.a. zwei Männer vorgestellt, die jeweils einen Schatz gefunden haben und mit Entschlossenheit alles unternehmen, um ihn in Besitz zu bekommen. Die Höhe des Kaufpreises spielt keine Rolle. Entscheidend ist die Gewissheit: Die Ausgaben lohnen sich, weil ich als Eigentümer des Schatzes unermesslich viel mehr gewinne und nur davon profitieren kann!“

 

Soweit ein paar Worte der Predigt von damals ...

 

Seitdem lässt mich das Thema „Schatz“ und „Schätze“ nicht mehr los. Was sind die wirklichen Schätze in unserem Leben?

 

Den beiden Männern im Evangelium ist keine Mühe und kein Kaufpreis zu hoch, um das Gefundene, das sehr Wertvolle zu bekommen. Mit dem Himmelreich – so sagt es uns Jesus – ist es ähnlich.

 

Wenn ich mit diesem Gottesdienst nun auf 11 Jahre Vierzehnheiligen zurückschaue, dann kann ich mich nur wundern, was aus den anfänglich zaghaften Schritten geworden ist. Ich habe viele Äcker durchpflügt, hatte auch mit vielen Steinen und Unkraut zu tun, ich fand aber einen echt wertvollen Schatz – die brüderlich spirituelle Seelsorge mit psychologischen Kenntnissen – , den ich in all den Jahren vergrößern durfte. Ich habe ein ganz normales Leben wie Sie geführt, erlebte, wie der Alltag mich mürbe machen wollte, erfuhr Enttäuschungen, Ernüchterung, Schmerzen, Krankheit und so manche Durststrecke, ABER durch das Wissen, dass es einen SCHATZ gibt, durfte ich viele andere Schätze entdecken und heben. Ich schulte meinen positiven Blick und fand so viel Schönes hier am Obermain. Eine große Dankbarkeit durchströmt meine Seele und gibt mir Kraft, nun an einem anderen Ort nochmals neu zu beginnen.

 

Menschen, die aus der Hoffnung leben, sehen weiter.

Menschen, die aus der Liebe leben, sehen tiefer.

Menschen, die aus dem Glauben leben,

sehen alles in einem anderen Licht.

(Lothar Zenetti)

 

  • Ich bin dankbar für diese schöne Gegend, die Menschen, die hier leben, die „Genussregion Oberfranken“, die ich schätzen (da ist das Wort Schatz drin) und lieben gelernt habe.
  • Ich bin dankbar für all die Menschen, die sich redlich um ihren Glauben, ihre Würde und um einen Sinn in ihrem Leben mühen, die nicht aufgeben, die versuchen, immer wieder neu auf-zu-erstehen.
  • Ich bin dankbar für all die guten Unterstützer, die mir geholfen haben, dass ich halbwegs gesund bleiben konnte: meine Ärzte, mein Zahnarzt, meine Physiotherapeuten, meine Heilpraktikerin und Homöopathin, so manche Kollegin in der Therapie ...
  • Ich bin dankbar für wertvolle Freundschaften, die mich seit vielen Jahren begleiten, Kraft geben, mich durchatmen und einfach nur Mensch sein lassen. Und ich durfte hier neue Freunde finden ...
  • Ich bin dankbar für meine Franziskanerbrüder hier, mit denen ich zusammen ein gutes Team im Dienste an der Basilika und in der Seelsorge war.
  • Ich bin dankbar für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so manche stillen Helfer und Helferinnen im Hintergrund, ohne die Vierzehnheiligen nicht so lebendig wäre und so eine gute Ausstrahlung weit ins Land hinaus hätte.
  • Ich bin dankbar für die vielfältigen Gaben, die mir Gott geschenkt hat. Dadurch konnte ich mich neben allen Außenaufgaben auch in Verwaltung, Ökonomie, Technik und vielem mehr gut in meine Gemeinschaft einbringen.
  • Ich bin dankbar für meine Seele, die sich im Laufe der Jahre immer mehr zu dem herausgebildet hat, wofür sie hier auf Erden ist: Hoffnung leben, Positives sehen und benennen, Gutes tun, sich für andere einsetzen und sich dabei selbst nicht zu vergessen, an einem tieferen Sinn des Lebens zu glauben und aus dieser Kraft heraus zu leben und sich zu engagieren.
  • „Alles, was man mit Liebe betrachtet, ist schön.“ (Christian Morgenstern) Ich bin dankbar für den liebenden Blick, den ich erlernt habe. Ich bin dankbar dafür, dass ich lieben kann, denn die Liebe ist die Kraft, die alles zusammenhält.
  • Ich bin vor allem dankbar für den Glauben, der nicht naiv und billig daherkommt, sondern der reflektiert sich für mich immer mehr als der größte Schatz in meinem Leben zeigt. Er ist die „Trotzdemkraft“, die einen langen Atem hat.

Diesen größten Schatz – den Glauben – möchte ich nun noch etwas genauer ansehen (folgende Gedanken habe ich dem deutschen Jesuitenprovinzial Stefan Kiechle zu verdanken), damit sein Wert und sein Glanz noch deutlicher werden.

 

Glauben heißt annehmen:

Das Dasein, das Leben, das Glück und den Schmerz, die Freude und das Leid. Annehmen kann ich, weil ich alles in Gottes guten Händen aufbewahrt weiß. Annehmen heißt nicht immer verstehen und auch nicht immer mögen. Annehmen heißt für mich ein geduldiges, ausharrendes und nicht selten aushaltendes JA, das nicht aus der Vernunft, sondern aus dem Herzen kommt.

 

Glauben heißt vertrauen:

Sich in den göttlichen Abgrund werfen, suchend, ringend, nicht selten klagend und hadernd, aber wohl wissend, dass es keinen anderen Halt als diesen gibt. Das Vertrauen in diesen tragenden Grund hält mich. Ich vertraue meinem Vater im Himmel – trotz aller gegensätzlichen Erfahrungen ...

 

Glauben heißt danken:

Danken dafür, dass der Glaube mich bisher getragen hat, dass ich ihn nicht verloren habe, dass es weitergeht. Danken dafür, dass der Glaube mir Trost und Halt gibt und eine gute Perspektive über den Tod hinaus.

Glauben heißt leben:

 

Ein Leben, das mit dem Tod endet, wäre für mich kein richtiges Leben. Dann wäre das Leben nur Konsumieren, Leisten oder Besitzen. Dann würde sich das Leben nicht lohnen, denn im Sterben wäre dann alles aus. Glauben heißt für mich dem Leben trauen, es genießen, es mit Sinnvollem füllen in dem Wissen, dass Gott es mit uns lebt.

 

Ich durfte in den letzten 11 Jahren Helfer der Nothelfer von Vierzehnheiligen sein. Mein Namenspatron, der hl. Christophorus, gehört dazu und manchmal hatte ich den Eindruck, dass er mir beim Tragen von so vielen Sorgen von Mühseligen und Beladenen geholfen hatte.

 

Christophorus heißt „Christusträger“

 

Christusträger können wir alle sein, Schatzsucher sollen wir sein, und ich möchte uns allen wünschen, dass wir immer mehr den unermesslichen Schatz des Reiches Gottes entdecken und uns freuen über den unschätzbaren Wert, zu Jesus Christus zu gehören ... über unseren Tod hinaus ...

 

So möchte ich meine Dankespredigt mit Worten von Matthias Claudius aus dem Jahre 1782 beschließen:

 

Wir pflügen, und wir streuen

 

Wir pflügen, und wir streuen

den Samen auf das Land,

doch Wachstum und Gedeihen

steht in des Himmels Hand:

der tut mit leisem Wehen

sich mild und heimlich auf

und träuft, wenn heim wir gehen,

Wuchs und Gedeihen drauf.

Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,

drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt

und hofft auf ihn!

 

AMEN