Hauptsache gesund...?


P. Christoph Kreitmeir rät zur Orientierung an Werten statt Körperkult - Vortrag im Klinikum Lichtenfels am 15.11.2016


Pater Christoph Kreitmeir referierte in der Kapelle des Klinikums Lichtenfels zu dem interessanten Thema „Hauptsache gesund“
Pater Christoph Kreitmeir referierte in der Kapelle des Klinikums Lichtenfels zu dem interessanten Thema „Hauptsache gesund“

Auch wenn Pater Christoph Kreitmeir mittlerweile seit fast zwei Monaten an seiner neuen Wirkungsstätte in Fulda weilt, so ist er am Obermain nach wie vor ein gefragter Redner, schließlich kann er auf 45 Vortragsthemen verweisen und hat sich auch als Autor von fünf Büchern einen Namen gemacht. Kürzlich konnte ihn die Krankenhausdirektorin Eva Jungkunst in der Kapelle des Lichtenfelser Klinikums zu dem Vortrag „Hauptsache gesund“ begrüßen, der natürlich auch in alle Patientenzimmer übertragen wurde. 

 

„Das Wichtigste ist doch die Gesundheit!“ sei ein Standardsatz, den man oft zu hören bekomme, besonders von Leuten, die selbst schon schwere Krankheiten überstanden haben, meinte Pater Christoph einleitend. Dies drücke sich auch in vielen Aussagen und Sprichwörtern aus wie etwa der indischen Lebensweisheit:

 

„Ein gesunder Mensch hat 1000 Wünsche, ein Kranker nur einen“.

 

Von Anfang an habe die Menschheit unter Erkrankungen gelitten, wie schon die schweren Schädigungen bei Skelettfunden aus der Vorzeit ausweisen würden, weshalb der Arzt und Heiler zu den ältesten Berufen der Welt gehören dürfte. So habe bereits im 5. Jahrhundert vor Christus der berühmte griechische Arzt Hippokrates mit dem Begriff „diaita“ die Maßnahmen bezeichnet, die zur Gesunderhaltung oder Heilung im Sinne einer geregelten Lebensweise sowohl in körperlicher als auch seelischer Hinsicht beitragen und die er in sieben Basisstrategien zusammenfasste. Dazu zählten eine maßvolle Ernährung, eine wohl dosierte Bewegung im Rhythmus mit Ruhemomenten, eine Abhärtung ohne Quälerei, wie sie auch schon Sebastian Kneipp betrieben hat, eine loslassende Entspannung nach dem Motto „ein bisschen Schlendrian ist sehr gesund“,  die richtige Balance zwischen Arbeit und Ruhe im Sinne einer ganzheitlichen Erholung, eine Verbesserung des Stoffwechsels durch eine kontrollierte Entschlackung und das Streben nach einer Harmonisierung der Gefühle durch die Beherrschung seiner Gemütsbewegungen.

 

Krankheitsbilderdeutung beruhe auf der langen Erfahrung von Ärzten, Psychologen und Spezialisten für Psychosomatik, unterstrich Pater Christoph. Sie alle hätten erkannt, dass es zu jeder objektiv diagnostizierten Erkrankung ein subjektives seelisches Themenfeld gebe. Mit jeder Erkrankung wolle einem das Unterbewusstsein etwas sagen. Wenn man die „Geheimsprache“ seiner Seele verstehe, werde man die Krankheit besser bewältigen und ihr selbstbewusster entgegenwirken. Das ersetze keine schulmedizinische Behandlung, aber jede Therapie werde effizienter, wenn der „innere Arzt“ mithilft.

 

„Mehr als sich nur dem einzigen Ziel einer sowieso nicht erreichbaren vollkommenen Gesundheit zu widmen,

sollten wir danach streben, echte Werte zu erleben.“

 

Die Aussage „das höchste Gut ist die Gesundheit“ sei falsch, konstatierte der Referent. Es sei eine richtige Gesundheits- und Wellnessindustrie entstanden und die Leute seien bereit Unsummen für ihre Gesundheit auszugeben. Wir lebten gleichsam im Zeitalter einer real existierenden Gesundheitsreligion mit Halbgöttern in Weiß, Wallfahrten zu Spezialisten und Kliniken als Kathedralen unserer Zeit. Die Ursehnsucht nach dem ewigen Leben wendet sich an die Mediziner. Gesundheit heiße das Zauberwort. Diese Gesundheitsreligion sei aber eine gigantische Anleitung zum unglücklich sein. Der Gesundheitsgläubige interessiere sich nur für seine Gesundheit, dadurch werde der kranke oder behinderte Mensch zum Menschen zweiter Klasse. Mehr als sich nur dem einzigen Ziel einer sowieso nicht erreichbaren vollkommenen Gesundheit zu widmen, sollten wir danach streben, echte Werte zu erleben und den Weg zu Gott finden.


Bericht und Foto: Alfred Thieret

Artikel erschienen am 21.11.2016 im Obermain-Tagblatt