Predigt an Neujahr 2023 - Zuversicht einüben


Predigt am Hochfest der Gottesmutter Maria - Neujahr, Lj. A – 2023

Erste Lesung: Num 6, 22-27; Evangelium: Lk 2, 16-21

 

Zuversicht einüben

 

Um Weihnachten und die Jahreswende herum bemühen hohe Persönlichkeiten in Staat und Kirche Worte, wie „hoffnungsvoll“, „optimistisch“, „positiv“, „lebensbejahend“ und „zuversichtlich“, um die gedrückte Stimmung im Volk und der Gesellschaft aufzuhellen. Die Zeiten sind bedrohlicher und auch schwerer geworden. Irgendwie hat man das Gefühl, dass es gar nicht mehr aufhört mit all dem Angstmachenden. Hier ist die Zuversicht als eine innere Kraft gefragt. Zuversicht ist die feste innere Überzeugung, dass Entwicklungen positiv verlaufen und das Vertrauen in ein Gelingen.

 

In solchen Zeiten wie heute sollten wir ganz bewusst auf Menschen blicken, die eine innere Stärke, ein Vertrauen und eine Zuversicht lebten und zwar in Situationen, die viel bedrohlicher als unsere waren. So jemand ist der Jesuitenpater Alfred Delp, von dem dieser wunderbare Satz stammt:  „Lasst uns dem Leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben, sondern Gott es mit uns lebt.“ Dies hat er in seiner Gefängniszelle in Berlin-Plötzensee äußerlich total verlassen geschrieben, an den Händen gefesselt, mit 37 Jahren nach Isolation und Folter den Tod vor Augen.

 

Woher kam diese Kraft? Woher kam dieses Vertrauen? Beides ist wohl im Lauf seines Lebens gewachsen.

Und genau dies gilt auch für uns. Solange wir (noch) Zeit haben, sollten wir die Haltung des Vertrauens und der Zuversicht einüben, damit wir sie verfügbar haben, wenn wir sie brauchen.

 

Seit ein paar Wochen lese ich mit Gewinn ein Buch von Ulrich Schnabel mit dem Titel „Zuversicht – Die Kraft der inneren Freiheit und warum sie heute wichtiger ist denn je“. Am Ende des Buches fasst der Autor das Geschriebene in zehn Tipps zusammen, die ich etwas gekürzt gerne an Sie weitergeben möchte. Ein wiederholtes Anwenden und Einüben kann uns für dunkle Zeiten guten Proviant geben und uns an einer inneren Lebensenergie teilhaben lassen, deren Quelle nicht versiegt.

 

1.    Erholen Sie sich

Wer permanent erschöpft ist, neigt automatisch zu einer düsteren Weltsicht. DIE erste Sofortmaßnahme gegen depressive Stimmungen lautet: Geben Sie ihrem Körper und ihrer Seele Pausen, Zeiten der Regeneration.

Die Stimmung und der Blick werden entspannter, weiter und positiver.

 

2.    Kommen Sie in Bewegung

Bewegung ändert automatisch eine trübe Stimmung. Spazieren gehen, joggen, tanzen, was auch immer in Bewegung bringt ist besser als sitzen zu bleiben. Auch der Geist will in Bewegung gebracht werden durch Musik, Kunst, Literatur, gute Gespräche, Gehirnjogging.

 

3.    Weiten Sie den Blick

Tendenziell neigen wir Menschen dazu, uns auf Defizite, auf das, was uns fehlt oder was generell im Argen liegt zu konzentrieren. Positives nehmen wir hingegen als selbstverständlich und schätzen es zu wenig. Es kommt darauf an, diese Gewohnheit zu erkennen und zu durchbrechen. Nehmen Sie wahr, was alles in Ihrem Leben erfreulich ist. Führen Sie ein Tagebuch mit positiven Erlebnissen.

 

4.    Shit happens!

Probleme sind unvermeidlich, wir haben aber die Wahl, wie wir sie bewerten. Stärken Sie Ihre seelische Widerstandskraft (Resilienz), um seelisch stabil zu bleiben. Genau wie wir unser körperliches Immunsystem durch Herausforderungen und Abhärtung stärken können, so ist es auch seelisch. In der Krise können uns Kräfte zuwachsen, von denen wir nicht wussten, dass wir sie haben.

 

5.    Zünden Sie ein Licht an

Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen. Erinnern Sie sich an den Rat des Fahrlehrers: Nicht auf die drohende Gefahr gebannt starren, sondern nach Ausweichmöglichkeiten Ausschau halten. Kreatives Tun, wie Schreiben, Malen oder Musizieren sorgt für Aufhellung. Und soziales Tun für andere fällt nicht selten als gutes Gefühl auf Sie selbst zurück.

 

6.    Mut zur Hoffnung

Analysen und sog. Realismus beziehen sich immer nur auf Fakten und Daten aus der Vergangenheit. Um Zukunft gestalten zu wollen, bedarf es einer mutigen, hoffnungsvollen, zuversichtlichen und auch zupackenden Einstellung. Am besten fährt man, wenn man das Ziel aber auch die Hindernisse fest im Blick hat.

 

7.    Vermeiden Sie den „i-Buckel“

Wer ständig auf sein Smartphone oder Tablett starrt, bekommt ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Digitale Medien leben von einem schnellen Feedback und tendieren dazu, mehr die negativen Gefühle zu betonen. Auf Angst reagieren wir schneller als auf Entspannendes, Vertrauen lässt sich leichter zerstören als aufbauen. Außerdem führt der Blick nach unten zu Verspannungen, welche die Stimmung noch weiter vermiesen.

 

8.    Fördern Sie die Resonanz

Wichtiger als materielle Sicherheiten sind gute Freunde und Aktivitäten, die das Gefühl vermitteln, innerlich nach Hause zu kommen – z. B. ein religiöses Tun, Verbundenheit mit der Natur, die Liebe zu anderen Menschen, zu Kunst, Dichtung, Musik und allem, worin man „aufgehen“ kann. Solche Resonanzquellen wollen gepflegt werden. Sie können in der Not zum wichtigsten Halt werden.

 

9.    Folgen Sie dem Sinn

Kümmern Sie sich weniger um´s Ankommen, sondern mehr darum, ob Sie in die richtige Richtung unterwegs sind. Wer sein Tun und Sein als sinnvoll erlebt, der hat schon die halbe Miete, egal wie es ausgeht. Wie sagte Friedrich Nietzsche schon so richtig: Wer ein Warum zu leben hat, der erträgt fast jedes Wie.

 

10. Geben Sie etwas weiter

Wer nur um sich selbst kreist, der verstrickt sich immer tiefer in Sorgen und Selbstmitleid. Wer über sich hinausblickt und –agiert, der erlebt die Erfahrung der Generativität, also am Ganzen über Generationen hinweg mitzubauen. Hieraus entsteht nicht nur tief empfundener Sinn, sondern auch das Gefühl von Zufriedenheit.

 

Und über allem darf, soll und muss stehen: Kultivieren Sie Ihren Humor.

Jedes Ding hat nämlich drei Seiten: eine positive, eine negative und eine komische.

 

Der religiös-spirituell-christliche Mensch stärkt seine Zuversicht aus seiner Verbindung mit Jesus, der am Ende des Matthäusevangeliums seinen Jüngern folgende Mitgift gab: „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ (Mt 28, 20) Egal was vor uns liegt, wir dürfen und können uns der Gegenwart des Auferstandenen gewiss sein.

P. Delps berühmter Satz ging in einer Kurzform in die Geschichte ein, weil er eine motivierende und mutmachende Wirkung hat: „Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt.“ Neben den vorher genannten Tipps, Zuversicht im Alltag einzuüben, ist es immer wieder wichtig, unsere Zuversicht Gott gegenüber aufzufrischen und auch einzuüben. Durch Meditation, durch Bibellesung, durch Austausch mit anderen Christen, durch soziale Taten und durch den Sakramentenempfang, vor allem der hl. Kommunion. Wer lernt, mit Jesus seinen Weg zu gehen, der wird erfahren dürfen, dass Jesus ihm in der Not beisteht, tröstet und stärkt.

 

„Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt.“ Amen.