Predigt am Hochfest Mariä Himmelfahrt, Lj. B – 2021

(Lesung: Offb 11, 19a; 12, 1-6a.10ab; Evangelium: Lk 1, 39-56)


„Fehlt dir Halt im Alltag, oder schlichtweg Vertrauen?

Möchtest du deinen Glauben wiederfinden oder vertiefen?

Willst du dich und etwas in deinem Leben verändern, doch dir fehlt Klarheit, Orientierung oder die nötige Kraft, der nötige Mut?

Brauchst du Unterstützung auf deinem Weg zur Heilung?

Bist du auf der Suche nach deinem Lebenssinn, nach wahrer Liebe und Verbundenheit?

Willst du dich wieder frei und lebendig fühlen?

Oder bist du mit dir und deinem Leben vollkommen im Reinen und möchtest deiner Lebensfreude Ausdruck verleihen?“[1]

 

Diese Fragen lösen etwas in mir aus. In Ihnen auch?

Sie bringen in mir Gutes ins Schwingen, Sehnsucht, Auf-die-Suche-machen, Bewegung …

Ich habe sie im Internet auf der Suche nach Interessantem zum Thema „Begegnung“ gefunden.

Warum suchte ich danach?

Weil die Begegnung von Maria und Elisabeth, wie wir sie gerade im Evangelium gehört haben, für mich eine Art „Blaupause“ für ein sich gegenseitig bereicherndes Miteinander von Menschen ist. Menschen können füreinander zur großen Belastung, sie können aber auch zu einer großen Bereicherung werden. Maria und Elisabeth erlebten ihre gemeinsame Zeit als etwas Wertvolles.

 

Die erwähnte Internetseite geht dann so weiter:

 

„Im Raum für Begegnung darfst du alle Gefühle da sein lassen.

Weine und lache, singe und tanze oder lausche einfach.

Finde Raum – Raum für Gemeinschaft. Zeit für Stille. Finde Herzensöffnung und Liebe – für dich selbst und die Welt. Begegne dir selbst und anderen. Verbinde dich und heile…

Spüre deinen eigenen Rhythmus, den Puls des eigenen Herzens, den Rhythmus des Lebens.“[2]

 

Maria eilt zu ihrer Verwandten Elisabeth ins Bergland. Zwei schwangere Frauen – früher sagte man: sie sind in guter Hoffnung – begegnen sich, sie schenken sich gegenseitiges Beieinandersein, Zeit, Unterstützung. Sie tauschen sich über das Geheimnisvolle ihrer beiden Schwangerschaften aus.

 

Begegnung

 

nicht

sich schnell treffen

 

nicht

kurz einmal vorbeischauen

 

nicht

die Tür nur spaltbreit öffnen

 

Begegnung

verweilen

wahrnehmen was ist

einlassen

 

Begegnung

Zeit haben

berührt sein

da sein

 

Begegnung

Nähe

Verstehen

gemeinsam gehen

 

(Brigitte Gruber-Aichberger)

 

Maria und Elisabeth erleben in ihrer Begegnung die Bereicherung und das Geschenk des anderen. Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber nannte das: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“[3] und „Der Mensch wird am Du zum Ich“[4]. In der guten Begegnung zweier Menschen liegt eine tiefe Kraft für Veränderungen und die Chance für mehr Lebensqualität.

 

In unserer nun schon seit vielen Monaten durch die weltweite Coronapandemie beschwerte Zeit hat sich gezeigt, dass persönliche Begegnungen auf Dauer nicht durch digitale Konferenzen, durch Videosettings oder Homeoffice zu ersetzen sind. Menschen brauchen persönliche Nähe, Austausch und Berührung wie der Fisch das Wasser. Wenn dies auf längere Zeit fehlt, bilden sich psychische und soziale Folgen[5], die belastend werden können.

 

Viele unserer menschlichen Grundbedürfnisse wie Verstanden werden, Angenommensein, Liebe, Geborgenheit, Gemeinschaftsgefühl und eigene Identitätswahrnehmung werden vor allem im Rahmen von guten Beziehungen oder bereichernden Begegnungen genährt und gestillt.

 

Viele Menschen wünschen sich ein Mehr an Liebe, Verständnis, Nähe, Geborgenheit und Freude. Ein zu hohes Lebenstempo, Leistungsdruck, neue angstmachende Verunsicherungen wie Corona oder zunehmende Naturkatastrophen laugen sie aus und es fehlt an Zeit und Kraft, um Freundschaften und Beziehungen wirklich zu pflegen und zu genießen, in denen sie dies erleben können. Nicht umsonst sind Burnout, Erschöpfung, Angst und Depression typische Krankheiten unserer Zeit und Kultur.

 

Maria und Elisabeth nahmen sich Zeit füreinander und fanden gleichzeitig zu all den genannten emotionalen Grundbedürfnissen und deren Befriedigung, ja sogar zu noch mehr: Gott, der beide gesegnet, bereichert und beschenkt hatte, wurde vertieft wahrgenommen, gepriesen und gelobt.

 

Die anfangs erwähnte Internetseite, die vom heilsamen Raum der Begegnung sprach, kommt erstaunlicherweise zu ähnlichen Ergebnissen. Was kannst du nachhaltig finden, wenn du dich auf den Weg, auch auf den Weg zu Austausch und Begegnung machst?:

„Finde Gott (oder wie du diese höhere Urkraft bezeichnen magst)

Finde Glaube · Liebe · Hoffnung · Vertrauen · Heilung

Finde Kraft · Mut · Halt · Ruhe · Klarheit

Finde Wärme · Leichtigkeit · Lebensfreude“[6]

 

Amen.

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[1] https://stina-gesundheitstraining.de/raum-fuer-begegnung/   

[2] ebd

[3] Werke I. Schriften zur Philosophie, S. 85 u. "Das Dialogische Prinzip. Ich und Du", S. 15, 5. Aufl. Heidelberg 1984, Quelle: https://beruhmte-zitate.de/autoren/martin-buber/

[4] Werke I. Schriften zur Philosophie, S. 97, Quelle: https://beruhmte-zitate.de/autoren/martin-buber/

[5]https://www.google.com/search?q=psychische+und+soziale+Folgen+von+Corona&rlz=1C1CHBF_deDE875DE875&oq=psychische+und+soziale+Folgen+von+Corona&aqs=chrome..69i57j33i22i29i30l9.15201j1j7&sourceid=chrome&ie=UTF-8

[6] https://stina-gesundheitstraining.de/raum-fuer-begegnung/