Der Pater, Naomi Campbell und 14-Stunden-Tage


Ein 10- bis 14-Stunden-Tag - sieben Tage in der Woche - ist für Pater Christoph Kreitmeir kein Problem. In der Stadtpfarrkirche "Unsere Liebe Frau" verrät er sein ganz persönliches Patentrezept, um das Leben zu meistern.


Schon mit 20 Jahren ist er ins Franziskanerkloster eingetreten. "Viel zu jung", sagt er heute und lacht. Jetzt ist Kreitmeir 52, aber bereut hat er seinen Weg nie. "Wir waren damals zwölf Novizen, aber ich bin der letzte", gibt er zu. Denn auch im klösterlichen Leben gibt es Zweifel, innere Entfernung von der Kirche und vom Glauben.

 

Im Laufe der Zeit, so der Referent, habe sich gezeigt, dass ihm zwei Bereiche seines Lebens sehr wichtig geworden sind: Spiritualität und das Engagement für Menschen in seelischer und materieller Not. Der Sozialpädagoge und Theologe war jahrelang in der Nichtsesshaften- und Obdachlosenhilfe tätig. "Seit Juni 2005 bin ich nun im Franziskanerkloster Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein tätig. Ich bin Wallfahrtsseelsorger, Hausvikar, also Vertreter des Klosterleiters, Hausökonom, Leiter des Wallfahrtsbüros, und ich betreue das Informationszentrum und die Homepage", berichtet er.

P. Christoph Kreitmeir referierte zum Thema: "Sehnst du dich? Entdecke die Grundkraft deines Lebens" in der Pfarrkirche Unsere Liebe Frau in Kulmbach


Schriftsteller nebenbei

Bücher schreibt er nebenbei. Außerdem macht er noch psycho-spirituelle Lebensberatung und hält Vorträge - neben seinen normalen seelsorgerischen Aufgaben. "Ich habe einen 10- bis 14-Stunden-Tag, sieben Tage die Woche. Ich lebe von 60 Euro im Monat und 600 Euro Urlaubsgeld - und bin weit entfernt von Burnout", so Kreitmeir.

 

Bei seiner Lesung verrät er den Kulmbachern sein Patenrezept. Er habe sich frei gemacht von Schein-Sehnsüchten, die nur auf die Zukunft ausgerichtet seien, oft auch auf materielle Dinge. "Die sorgen dafür, dass die Menschen das Leben verpassen. Sie rauben ihnen Energie und sorgen für Unzufriedenheit und Traurigkeit. Man muss sein Leben ausrichten auf Lebendigkeit", so sein Credo.

 

An dieser Stelle kommt der Pater plötzlich auf das Top-Model Naomi Campbell zu sprechen. Es wird still in der Kirche. Ja, solch eine Frau würde ihm als Mann schon gefallen. "Aber ehrlich: So eine Zicke würde ich nicht geschenkt wollen", relativiert Kreitmeir sofort seine Aussage und genießt die konsternierten Blicke. Er erzählt von Ausrastern, von psychischen Problemen und sogar von Gewalt des Top-Models. Nein, es ist sinnlos, eine Schein-Sehnsucht nach etwas völlig Unrealistischem, für das die Voraussetzungen fehlen, aufzubauen.

 

Persönlich hat der Pater seinen Weg gefunden, jeden Tag aufs Neue zu fühlen: "Hier bin ich richtig." In seinen Predigten mische er die Leute auf, "ich packe sie an der Seele - das gibt ihnen Energie zurück". Noch einen praktischen Tipp hat er: Nicht in Widerständen denken, sondern in Chancen.


"Bin kein Esoteriker"

Der zweite wichtige Begriff ist Spiritualität. Doch damit meint Kreitmeir nicht den Trend-Begriff aus der Esoterik, sondern echte Geistlichkeit im christlichen Sinne. "Auch Begriffe wie Wiedergeburt haben nichts mit dem christlichen Glauben zu tun", erklärt er und warnt vor einem Durcheinander der Begrifflichkeiten.

P. Christoph brachte Ingeborg Hamisch mit, die für die Syrienhilfe der Franziskaner näht


Katholische Kirche vor Wandel

Persönlich hat Kreitmeir schon seine persönliche Beziehung zum Glauben gefunden. Er empfiehlt den Menschen Meditation, Ruhegebete und Achtsamkeit - vor allem, um einen Gegenpol gegen die Multi-Tasking-Welt mit ihrer Oberflächlichkeit zu setzen.

 

Bei der Lesung waren auch Vertreter der Buchhandlung Friedrich zugegen. Außerdem hatte Pater Christoph Kreitmeir Ingeborg Hamisch im Schlepptau. Sie näht für die Syrien-Hilfe der Franziskaner (www.naehen-fuer-syrien.de).

Quelle: Bericht aus der Bayerischen Rundschau vom 17.07.2015

Text und Fotos: Sonny Adam