Bewegung hilft Kopf und Seele


P. Christoph in Lichtenfels

 Franziskanerpater

Christoph Kreitmeir stellte in seinem Vortrag am 7. Oktober 2015 in der ehemaligen Synagoge in Lichtenfels die Wichtigkeit einer guten Balance zwischen Körper, Geist und Seele heraus.



Auch heute noch machen sich viele Menschen zum Geh-Beten in Form von Wallfahrten auf dem Weg. Das Bild zeigt die diesjährige Lichtenfelser Wallfahrt auf dem Rückweg von Gößweinstein.
Auch heute noch machen sich viele Menschen zum Geh-Beten in Form von Wallfahrten auf dem Weg. Das Bild zeigt die diesjährige Lichtenfelser Wallfahrt auf dem Rückweg von Gößweinstein.

Der Kneipp-Verein Lichtenfels mit seiner Vorsitzenden Pia Dück hatte Pater Christoph Kreitmeir zu einem Vortrag zu dem interessanten Thema „Frei im Kopf und in der Seele durch Bewegung“ in die ehemalige Synagoge eingeladen, ein Thema das auch der Kneipp’schen Lehre nicht fremd ist.

 

Der Referent stellte die Wichtigkeit einer Balance zwischen Körper, Geist und Seele heraus. In früheren Jahrhunderten sei der Körper gegenüber Seele und Verstand vernachlässigt worden, was auch die Worte „Ich denke, also bin ich“ des französischen Philosophen René Descartes (1596-1650) verdeutlichen würden. Nicht zuletzt auch mit einem Blick auf die asiatische Denkweise revidierte man im Lauf der Zeit die Entfremdung vom Körper. In den letzten Jahrzehnten habe sich aber mit einer Überbetonung des Körpers das andere Extrem eingebürgert. Die neue Körperlichkeit unterscheide sich von der alten nur wenig: beiden sei der Körper nicht gut genug. Es gelte deshalb, die Ausbalancierung zwischen Körper, Geist und Seele neu zu erlernen. Nach dem Motto „Bewegung tut gut und macht auch Kopf und Seele frei“ wollte der Theologe und Sozialpädagoge den vielen Besuchern die enge Verbindung zwischen Bewegung und körperlichem, seelischem und geistigem Wohlbefinden näherbringen. Dass Bewegung eine Fitnessquelle für Körper, Geist und Seele sein könne, habe schon der deutsche Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) erkannt. Regelmäßiges Gehen mache frei und schenke Entspannung. Deshalb lautete der Rat von Pater Christoph:

 

„Wenn es Ihnen schlecht geht, gehen Sie auf Schusters Rappen“.

 

Die gleichmäßige Bewegung helfe den Menschen ausgeglichener und stabiler zu werden. Das „sich bewegen“, ob in Form von Spazierengehen oder Wandern führe zu einer wohltuenden Entschleunigung. Man könne dabei innere Selbstgespräche führen, mit einem imaginären Anderen sprechen, beispielsweise mit Gott, könne Tagträumen nachhängen und die Natur erfahren. Auch im Urlaub sollte man solche Ruhephasen einlegen. Demgegenüber würden die meisten Leute aus dem Urlaub gestresst nach Hause kommen.

 

Ein besonderes Mentaltraining stelle das Geh-Beten, also die Verbindung von Bewegung und Gebet, dar, ob dies im Rahmen einer Wallfahrt oder allein, zu zweit oder in einer Gruppe auf einem Pilgerweg ist. Auch heute noch würden viele Menschen, sowohl junge als auch alte, gläubige als auch zweifelnde den Glauben unter ihre Füße nehmen und mit anderen Menschen zusammen betend durch die Natur zu pilgern. Nicht zuletzt durch den Bestseller von H. P. Kerkeling „Ich bin dann mal weg“ bekam auch die Pilgerschaft auf dem Jakobusweg nach Santiago de Compostela einen enormen Auftrieb.

 

Diese Gebetsübungen, bei denen Körper, Verstand, Geist und Seele gleichermaßen angesprochen würden, ermöglichten es, in uns selbst und in unseren Lebensraum zu schauen, betonte Pater Kreitmeir. Indem wir mit Gott ins Gespräch kommen, werden wir innerlich gelassener und ruhiger.

 

Wenn Menschen mit einer Gruppe wandern, gehe es in den Gesprächen meistens um Alltagsprobleme, gehe man dagegen schweigend oder betend, dann könne man eher abschalten. Beten sei auch Meditation, helfe unsere Vorstellungskraft zu gebrauchen, stärke unser Selbstvertrauen, ermutige zum konstruktiven Selbstgespräch und weise Christen den Weg zu Gott. Wir Christen würden dann auch den Fußspuren Jesus folgen, der selbst zusammen mit seinen Aposteln als Wanderprediger die Lehre Gottes verbreitet habe.

 

Schließlich nannte der Theologe fünf erprobte Schritte im Hinblick auf das Geh-beten. Man sollte Abstand nehmen vom Alltagsgeschehen, offen werden, um gleichsam mit der Atemluft das Gute einzuatmen und das Belastende auszuatmen, sich auf sein Leben besinnen, um sich belastende Dinge von der Seele wegzulaufen, daran denken, dass uns jeder Schritt, den wir gehen, sowohl geistig, mental, seelisch und körperlich nach vorne bringt und zuletzt die ständige Wiederholung als Teil eines Mentalitätstrainings sehen, womit unser Leben ausbalancierter und stimmiger werde.

 

Text und Fotos: Alfred Thieret, Artikel vom 8.10.2015 im Obermain-Tagblatt