Predigt an Christkönig, Lj. A – 2017

(Lesung: Ez 34, 11-12.15-17; Evangelium: Mt 25, 31-46)


Wir erleben heute am letzten Sonntag im Kirchenjahr eine Art „kleines Silvester“, denn ab nächsten Sonntag, dem 1. Advent, beginnt für die Kirche ein neues Jahr.

 

Auch, wenn um uns herum schon alles auf Advent und vor allem auf Weihnachten ausgerichtet ist, wir halten – ähnlich wie an Silvester – heute einmal kurz inne und fragen uns, wohin denn die Tage, Wochen und Monate, wohin die Zeit gegangen ist.

 

Die Zeit ist so flüchtig, wir können sie nicht festhalten. Der christlich-gläubige Mensch kann anders als der Mensch, der nicht an Gott glauben kann, hoffen und darauf vertrauen, dass GOTT der Herr der Zeit ist, dass unser Leben von Beginn an einen Sinn hat und in IHN zurückführt.

 

Was machen wir mit unserer Lebenszeit? Was machen wir aus unseren Stunden, Tagen, Wochen, Monaten und Jahren?

Der Schriftsteller Max Frisch formulierte in seinen berühmten Fragebögen aus dem Jahre 1966 Fragen zu den Themen Ehe, Frauen, Hoffnung, Humor, Geld, Vatersein, Heimat, Eigentum, Tod oder Erhaltung des Menschengeschlechtes. Die Antworten dazu überließ er dem Leser und der Leserin. Die Beschäftigung mit diesen und ähnlichen Fragen führt unweigerlich in die eigene Tiefe und in die philosophisch-spirituelle Frage nach dem Sinn des eigenen Daseins.

 

Nicht nur Seelsorgern fällt in der Begleitung von Menschen auf, dass diese am Ende ihres Lebens weniger darunter leiden, was sie falsch gemacht haben, sie leiden viel mehr unter dem, was sie nicht gemacht, was sie versäumt, was sie unterlassen haben.

 

Schon der römische Philosoph Seneca (+ 65 n. Chr.) schrieb an seinen Freund Lucilius: „Befreie dich für dich selbst und sammle und bewahre die Zeit, die dir bisher entweder geraubt oder heimlich entwendet wurde oder entschlüpfte. ... Ein großer Teil des Lebens entgleitet den Menschen, wenn sie Schlechtes tun, der größte, wenn sie nichts tun, das ganze Leben, wenn sie Nebensächliches tun. ... Während das Leben aufgeschoben wird, eilt es vorbei.“

 

All das geht mir durch den Kopf und die Seele, wenn ich das heutige Evangelium lese oder höre. Wenn man nämlich genau hinsieht, dann fällt auf, dass es in dieser Rede vom Weltgericht nirgendwo um die Übertretung von Geboten oder das Missachten von Gesetzen geht.

Es geht auch nicht darum, dass die Braven belohnt und die Bösen bestraft werden müssen. Ich glaube auch nicht, dass uns mit diesen Worten Angst gemacht werden soll, selbst wenn diese Rede Jesu oft dazu missbraucht wurde.

 

Es geht vielmehr darum, sich an diesem Lehrstück Jesu als Christ ein Beispiel zu nehmen. Und das wird auf den Punkt gebracht: Was du für andere tust, das tust du letztlich auch für Gott. Und was du für Gott tust, das tust du letztlich auch für andere. Und alles zusammen wird dich selbst und dein Leben verändern. Es geht wieder einmal um das Dreigestirn: Gottesliebe, Nächstenliebe, Selbstliebe.

 

Im Mittelpunkt des heutigen Evangeliums stehen dabei die „Werke der Barmherzigkeit“. Immer dort, wo ein Mensch in seiner Existenz bedroht ist, gilt es, ihm beizustehen. Jesus ist dafür das Urbeispiel für unsere Orientierung.

 

Du wirst der „Herr deiner Zeit“ werden, weil du dich am „Herrn der Zeit“ orientierst. Du wirst dein Leben nicht aufschieben, mit Nebensächlichem oder Schlechten füllen. Du wirst der Herzensträgheit oder der bequemen Faulheit nicht nachgeben. Du brauchst und du wirst auch keine Angst haben vor der Frage, ob dein Leben sinnvoll ist oder war, denn du hast dich in deinem Tun an Jesus orientiert. Und er, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, schenkt dir Leben, innere Zufriedenheit und Vollendung.

 

Da wir alle noch auf dem Weg unseres Lebens sind, dürfen wir auf den guten Hirten Jesus vertrauen, der uns durch dieses Gebet nahekommen und für unsere Lebensreise segnen möge:

 

Göttliche Kraft stärke deinen Rücken, 

sodass du aufrecht stehen kannst, 

wo man dich beugen will!

Göttliche Zärtlichkeit bewahre deine Schultern, 

sodass die Lasten, die du trägst, 

dich nicht niederdrücken.

Göttliche Weisheit bewege deinen Nacken, 

sodass du deinen Kopf frei heben 

und ihn frei dorthin neigen kannst, 

wo deine Zuneigung von Nöten ist!

Göttliche Zuversicht erfülle deine Stimme, 

sodass du sie erheben kannst, 

laut und klar.

Göttliche Sorgfalt behüte deine Hände, 

sodass du berühren kannst, 

sanft und bestimmt.

Göttliche Kraft stärke deine Füße, 

sodass du auftreten kannst, 

fest und sicher.

Göttlicher Segen sei mit dir!

 

(Segensgebet von Claudia Mitscha-Eibl)

 

AMEN.