Predigt am Gründonnerstag, Lj. C – 2022

(Lesung: 1 Kor 11, 23-26; Evangelium: Joh 13, 1-15)


Ein für uns fremdes Ritual begegnet uns an diesem Gründonnerstag, zu Beginn der Kar- und Ostertage. Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße.

 

Natürlich waschen auch wir uns immer wieder unsere Füße, aber in der Regel nicht vor dem Essen. Da wäscht man sich höchstens die Hände, wenn man gut erzogen ist.  

 

Zur Zeit Jesu war dies jedoch in Israel üblich. Es war die Aufgabe der niederen Hausange-stellten den Gästen vor dem Mahl die Füße zu waschen. Die meisten Menschen der damaligen Zeit waren barfuß unterwegs. Nur wer es zu etwas Wohlstand gebracht hatte, konnte sich einfache Sandalen leisten. Und trotzdem kam es auf den steinigen Wegen und den wenig befestigten Straßen immer wieder zu Verletzungen. 

 

Dornen, die man sich in den Fuß trat. Kratzer von den Steinen, die sich entzünden konnten. Die Waschung und Reinigung war eine entspannende Wohltat. Nach dem Waschen wurden die Füße getrocknet und mit Salböl behandelt. Das Öl war das bekannteste Wundheilmittel zu der Zeit Jesu. Es verhinderte Entzündungen und machte die Hornhaut weich und geschmeidig. 

 

Auch Jesus und seinen Jüngern war dieses Ritual vertraut. Kurz vor seiner Gefangennahme kommt Jesus mit seinen Jüngern zu einem letzten Mahl zusammen. Der Raum ist da, Tische stehen bereit, die Speisen sind vorbereitet, ein Krug mit Wasser, eine Schüssel, Leinentücher und ein Gefäß mit Salböl. Allein es fehlt der Diener, der niedere Knecht, der gewöhnlich den Dienst der Fußwaschung verrichtet. 

 

Was nun passiert, ist typisch für die Jünger und uns Menschen. Keiner mag diesen Dienst übernehmen. Keiner will sich mit dieser Knechtsarbeit abgeben. Und so beginnt die Mahlzeit ohne die gewohnte Fußwaschung. Als Jesus das bemerkt, steht er vom Mahl auf, legt sein Obergewand ab und nimmt einen Schurz und umgürtet sich. Danach gießt er Wasser in das Becken und fängt an, seinen Jüngern die Füße zu waschen. Er ist sich nicht zu fein für diesen Dienst, denn seine Lebensaufgabe, ist gerade dies: den Menschen zu dienen und sie heilsam zu berühren.  

 

Ich stelle mir vor, dass es den Jüngern schon irgendwie peinlich war, ihren Meister so vor sich auf den Knien zu sehen. Der Herr als Knecht. Vermutlich wird es in dem Raum ganz still geworden sein. Umso deutlicher werden alle wahrgenommen haben, zu welcher besonderen Begegnung es nun zwischen Petrus und Jesus kommt.  

 

Jeder Mensch hat von Zeit zu Zeit eine solche, heilsame Wundbehandlung nötig. Im spirituellen Sinn sind die Füße das Medium unserer "Erdung" - mit ihnen kommen wir mit dem Erdhaften, dem Dreck, dem Dunkel der Existenz in Berührung. Und kein Mensch kann sich dem entziehen. Keiner von uns schwebt über dem Boden oder über den Dingen. Wir sind verwoben mit all dem Unheil und Bösen in unserer Welt. 

 

Und wo Gott sich uns zuwendet, uns nahe kommt, da rührt er in unserer Seele an dem, was nicht versöhnt, was nicht heil, was nicht Licht ist, sondern Dunkelheit, was schmerzt. Das mag keiner gerne. Und darum erhebt  auch Petrus seine Hand und versucht diese heilsame Berührung abzuwehren. Zweimal schildert Johannes seine Abwehr. "Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen!"  

 

Ich finde es tröstlich, dass Jesus in der Beziehung mit Petrus bleibt, trotz seiner Abwehrhaltung. Er weiß, dass seine Berührung an schmerzende Wunden rührt und für Petrus und jeden von uns Menschen unangenehm und voller Scham ist. Aber er zieht mit seiner Schüssel nicht einfach weiter und lässt Petrus links liegen. Nein, er hat die Zeit zu warten und sucht das Gespräch mit Petrus. "Was ich tue verstehst du jetzt nicht, du wirst es aber später begreifen."  

 

Am Ende lässt sich Petrus die Fußwaschung gefallen. Und wie immer, fällt es Petrus schwer, das rechte Maß zu finden. "Nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt." Wer kennt das nicht, das Kippen von einem Extrem ins andere, wenn ein Widerstand erst einmal überwunden ist. Doch nun ist es Jesus, der dieses Übermaß abwehrt, mit dem Hinweis: "Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als dass ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein. Und ihr seid rein." Denn wer sich Jesus, dem fleischgewordenen Wort der Liebe Gottes anvertraut, der ist bereits rein gewaschen.

 

Achten wir darauf, Schwestern und Brüder, dass wir nicht nur unserer, sondern SEINER Kraft vertrauen und vertrauen wir uns Seiner Liebe an. Dann sind wir auf dem Weg, wirklich Jesu Jüngerinnen und Jünger zu werden. Amen.