Predigt am Dreifaltigkeitssonntag 2016


Jesus sagte zu seinen Jünger: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen.“

 

Wir Menschen wollen unser Leben im Griff haben und doch ist es besser, wenn wir nicht alles wissen, was auf uns zukommen wird. Vielleicht haben wir in 10 oder 20 Jahren schwere Krankheiten, Verluste oder Schicksalsschläge zu verkraften und es ist besser, jetzt davon noch nichts zu wissen, denn dieses Wissen würde uns allerhöchstwahrscheinlich lähmen und frustrieren.

 

In unserer modernen Zeit wird versucht, Leben zu machen, Genome werden verändert, Eizellen eingefroren, Pflanzen, Tiere und Menschen designed. Es wird versucht, das Wetter zu ändern ...

Es ist besser, dies alles sein zu lassen und sich wieder mehr in die Abläufe des Lebens einzufügen und dabei einen inneren Frieden zu finden. Der moderne Mensch muss wieder dringend lernen, ein Teil des Gesamten zu sein und nicht der Teil, der sich über alles erhebt. ABER der Mensch wollte schon immer wie GOTT sein ...

 

Als ich ein junger Franziskaner war, lebte ich mit einem älteren Mitbruder zusammen, der auf meine drängenden Fragen nach Gott und dem Sinn des Lebens immer wieder antwortete, dass alles ein Geheimnis sei. Das kam mir denkfaul, billig und ausweichend vor und frustrierte mich. Es machte mich sogar wütend ...

Heute, reifer und älter geworden, denke ich mir, dass dieser Mitbruder letztlich recht hatte. Das Leben ist ein Geheimnis, Gott ist ein Geheimnis, der dreifaltige Gott ist ein Geheimnis.

 

Patrick, der Nationalheilige Irlands, der als Kind Sklave unter der brutalen römischen Herrschaft in Irland war, konnte während dieser schlimmen Zeit die Sprache der Einheimischen – Keltisch – lernen. Nach einer gelungenen Flucht wurde er Mönch und Priester und kehrte nach Irland als Missionar zurück. Durch seine Sprachgewandtheit und Volksnähe konnte er den Menschen Gott sehr gut nahe bringen. Er erklärte die Dreifaltigkeit z.B. mit Hilfe eines Kleeblattes: Es hat drei Blätter - und genauso stellt man sich ein Kleeblatt vor: drei einzelne Blätter, die fest verbunden an einem Stil eben ein typisches Kleeblatt ergeben. So wurde es zum Symbol für die Dreifaltigkeit. Das Kleeblatt – das Shamrock – ist bis heute auch Teil der irischen Flagge.

 

Ein anderer Versuch, Dreifaltigkeit oder Dreieinigkeit vorstellbar zu machen, ist der Vergleich mit Wasser: Chemisch als H2O bezeichnet, kann dieser Stoff in den völlig verschiedenen Aggregatszuständen Dampf, Wasser und Eis auftreten und ist doch immer H2O.

 

Ein noch modernerer Versuch, die Dreifaltigkeit zu erklären, stammt aus der Welt der Farben und der Technik. Fast jeder von uns hat daheim einen Drucker zum Computer stehen. Wenn es ein Farbdrucker ist, dann werden Millionen von Farbmöglichkeiten aus drei Grundfarben gemischt: Magenta (Rot), Cyan (Blau) und Yellow (Gelb). Drei Grundfarben bewirken die ganze Realität aller Farbmöglichkeiten. Ähnlich ist es mit Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist.

 

Doch egal, wie viele Vergleiche Menschen suchen, wie viele Beschreibungen schon entstanden sind und noch entstehen werden: Wir werden nicht in der Lage sein, das Wesen und das Geheimnis Gottes je ganz zu erfassen.

 

Es ist besser, mit Geheimnissen zu leben, als alles erklären zu wollen. Diese Lebensweisheit zeigt sich auch in unserem alltäglichen Leben. Es gibt dunkle und helle Geheimnisse in unserem Leben. Nicht selten verschweigen Frauen ihren Männern, dass ein Kind ein „Kuckuckskind“ ist und für alle Betroffenen ist es besser, dieses dunkle Geheimnis zu bewahren. Dunkle und helle Geheimnisse können wir letztlich nur mit uns selbst, mit Gott oder einem vertrauensvollen Geheimnisträger teilen, von dem wir wissen, dass er es für sich behält. Berufe, wie Anwälte, Ärzte, Psychotherapeuten oder Priester haben bis heute sogar rechtlich einen Schutz dieser Sphäre, auch wenn daran schon mehrfach gekratzt wurde und wird. Die Psychologin Ursula Nuber spricht in ihrem sehr lesenswerten Buch „Lass mir mein Geheimnis! Warum es gut ist, nicht alles preiszugeben“ vom Schutzraum des Geheimnisses. In einer immer transparenter und durchsichtiger werdenden Welt ein echtes Heilmittel.

 

Die verschiedenen Gotteserfahrungen, die uns in der Heiligen Schrift überliefert sind, wurden im Laufe der Geschichte Gottes mit den Menschen immer weiter ausgefaltet. Marion Küstenmacher, Tilmann Haberer und Werner Tiki Küstenmacher erwähnen in ihrem Buch „Gott 9.0 – Wohin unsere Gesellschaft spirituell wachsen wird“ die geschichtliche und spirituelle Entwicklung von Gottesvorstellungen im Laufe der Menschheitsgeschichte. Denn ähnlich, wie es mit der Menschheitsentwicklung ist, so ist es mit unserer eigenen persönlichen Gottesbeziehung. Sie entfaltet sich mehr und mehr. Wenn sie lebendig bleiben will, dann muss sie auf festem Grund stehen und sich gleichzeitig immer mehr entfalten.

 

Gott ist dreifaltig einer ... Gott ist geheimnisvoll begleitend und schenkt uns den Geist, der uns im Laufe des Lebens in die ganze Wahrheit einführen will und wird. Amen.