Predigt am 27. Sonntag im Jahreskreis, Lj. A – 2017

(Lesung: Phil 4, 6-9; Evangelium: Mt 21, 33-44)


Dieses Evangelium mit dem eben gehörten Gleichnis von den bösen Winzern kann auf verschiedene Weise gehört und verstanden werden. Jahrhundertelang wurde es z. B. so verstanden, dass das Volk der Juden das Recht auf den Weinberg Gottes verloren hatte und die neuen und anscheinend besseren Winzer die Christen sind, denen der Weinberg gegeben wurde.

Diese Deutung hatte furchtbare Konsequenzen: Auf Juden durfte “mit dem Segen von oben“ herabgeschaut werden und leider noch viel mehr …

Ob die Christen dann die besseren Winzer waren und sind … das steht auf einem ganz anderen Papier …

 

Ich möchte heute einen ganz anderen Blick auf dieses Evangelium werfen. Mir geht es um die immer drängender werdende Frage nach dem Weinberg. Der Weinberg steht für mich als Sinnbild der Schöpfung, der Natur, von „Mutter Erde“. Alle ernstzunehmenden Wissenschaftler und Forscher bestätigen uns Erkenntnisse der zunehmenden Gefährdung unserer Lebensgrundlagen. Wir Menschen sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen.

 

Nature is Speaking – die Natur erhebt ihre Stimme: Unter diesem Motto hat die Umweltorganisation "Conservation International" eine Serie von Kurzfilmen produziert, die eine einfache Botschaft verkünden: Die Natur braucht den Menschen nicht – der Mensch braucht die Natur. Für die deutschen Beiträge konnten mit den Schauspielern Hannelore Elsner, Hannes Jaenicke und Oliver Mommsen prominente Persönlichkeiten des deutschen Films für das Projekt gewonnen werden. Als Synchronsprecher leihen sie "Mutter Natur" (Elsner), dem "Ozean" (Jaenicke) und dem Boden (Mommsen) in den gleichnamigen Kurzfilmen ihre Stimme. Seit einer Woche sind diese Kurzfilme für einige Zeit auch auf meiner Homepage zu finden. Ebenso die Rede des Indianerhäuptlings Seattle, die er 1854 zu ersten Mal hielt. Diese Rede an den damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten entstand, als dieser ihm sein Land abkaufen wollte. Sie gilt als eine der größten und bekanntesten Freiheitsreden überhaupt. Und ihr Bezug zur heutigen Welt ist aktueller denn je.

 

Es ist so wichtig, die warnenden Stimmen zu hören, die von der Gefährdetheit des Weinberges ERDE sprechen. Jesus wendet sich im heutigen Evangelium an die Hohenpriester und Schriftgelehrten mit deutlich warnender Stimme. Jesus sieht eindeutig die Frage der Verantwortlichkeit bei den Führenden des Volkes. Damals und heute.

Wenn heute Präsidenten reicher Industriestaaten schlichtweg den Klimawandel und andere globale Probleme leugnen, dann werden sie ihrer Verantwortung für die Menschen und die uns anvertraute Erde nicht gerecht. Sie werden über kurz oder lang zu einer Verantwortung gezogen werden. Da sind Jesu Worte eindeutig und klar.

Wir sind den sogenannten Hohen und Führern nicht schutzlos ausgeliefert. Das eigentliche, worum es im Leben geht, ist etwas, bei dem GOTT sich vorbehält, Kehraus zu machen, wenn die, die er beauftragt hat, sich nicht an Ausgemachtes halten.

 

Wir müssen wachsamer und kritischer gegenüber schlechten, ja bösen Winzern werden, die mit dem ihnen Anvertrauten tun und lassen, wie sie es wollen. Der „Weinberg“ ist nicht deren Eigentum, die Erde gehört uns allen. Nein, sie gehört uns nicht, wir sind als Treuhänder und Verwalter des „Weinberges“ bestellt. Wir alle als Volk Gottes können uns nicht billig vor eigener Verantwortung mit dem Hinweis auf „die da oben“ entschuldigen.

 

Der Ruf nach Führern und Elternfiguren wird derzeit wieder lauter. Wer aber sein Recht auf Selbstgestaltung des Lebens zu leichtfertig abgibt, der muss sich nicht wundern, wenn er ausgenutzt und fehlgeleitet wird. Wir sollten endlich erwachsen werden, sollten als freie und mündige Bürger in der Welt und in unserer Gesellschaft Verantwortung für uns selbst, füreinander und für unsere „Mutter Erde“ übernehmen.

 

„Sehen – Urteilen – Handeln“ ist unsere Aufgabe als Christen in Kirche und Welt und nicht „Sehen – Urteilen – an andere delegieren und dann im besten Falle meckern oder einfach nur wegducken“.

Noch haben wir Zeit, aber, wie es so gut dargestellt wird in den Kurzfilmen: Die Natur braucht den Menschen nicht – der Mensch braucht die Natur. Noch haben wir Zeit, als Verwalter des Weinberges gute Früchte abzuliefern ...

Amen.

 

Meditation nach der Kommunion: Als hätten wir ein Recht

 

Wie viel Liebe investierst du in uns?

Mit wie viel Sorge begleitest du uns?

Wie viel Geduld hast du mit uns?

Wie oft vergibst du uns?

 

Du gibst, und wir nehmen

ohne Frage, ohne Dank,

als hätten wir ein Recht

auf volle Hände.

 

Gib es nicht auf mit uns,

wende dich nicht ab.

Lass uns wachsen und reifen,

Frucht werden, die du erkennst

am Tag deiner Ernte.

 

(Eleonore Beck)