Seelsorger kontra Börsen-Experte


Beschleunigung oder Entschleunigung? Pater Christoph Kreitmeir und Finanz-Profi Mick Knauff zeigen beim oberfränkischen Wirtschaftstreffen unterschiedliche Ansätze


P. Christoph referierte auf der Landesgartenschau in Bayreuth
P. Christoph referierte auf der Landesgartenschau in Bayreuth

Bayreuth, 23.04.2016 - Die oberfränkische Wirtschaft ist imstande, so manchen Widrigkeiten zu trotzen. Wer das bisher nicht glauben wollte, der konnte sich auf dem Gelände der erst einen Tag zuvor eröffneten Landesgartenschau in Bayreuth ein Bild davon machen. Trotz Dauerregens, Wind und Temperaturen von knapp über null Grad Celsius fand das oberfränkische Wirtschaftstreffen am Samstagnachmittag als Freiluftveranstaltung statt. Freilich waren statt der angekündigten 280 Besucher deutlich unter 100 gekommen, doch sie hielten wacker aus und lauschten unter Regenschirmen und in Winterjacken verpackt, den Ausführungen der beiden Hauptredner: Mick Knauff, Börsenkorrespondent und Wirtschaftsjournalist aus Frankfurt, und Pater Christoph Kreitmeir, Wallfahrts-Seelsorger und Vikar im oberfränkischen Franziskanerkloster Vierzehnheiligen.

 

Es sollte um Beschleunigung und Entschleunigung gehen. Natürlich stand der Börsenfachmann für Beschleunigung, der Pater für Entschleunigung. Mick Knauff berichtete von hundert Prozent Computerhandel: Wer die schnellste Leitung hat, wird am Ende erfolgreich sein. Untereinander werde da nicht mehr viel auf dem Börsenparkett gesprochen. "Sie brauchen die schnellste Leitung, wenn Sie schnell handeln wollen", sagte der frühere Vorstand des inzwischen insolventen Deutschen Anlegerfernsehens (DAF) aus Kulmbach. Börse sei mittlerweile wieder en vogue, sagte Mick Knauff. Als Hintergrund dafür nannte er die Nullzins-Phase. Auf längere Sicht könne er den Aktienmarkt nur empfehlen.

 

Aus einer ganz anderen Welt kommt Christoph Kreitmeir vom Franziskanerkloster Vierzehnheiligen. "Das hektische Börsenumfeld wäre nicht meine Welt", sagte er, der ankündigte, sein Honorar syrischen Flüchtlingen zu spenden. Viele Menschen hetzten von einem Punkt der To-do-Liste zum nächsten, dabei wäre Entschleunigung doch so einfach. Pater Kreitmeir sah einen Trend zu weniger Hektik und Stress, hin zu mehr Gründlichkeit. Er plädierte für kluges statt hartes Arbeiten. Allein schon wegen der Natur sei Entschleunigung in Oberfranken gar nicht so schwer. Pater Kreitmeir hatte zahlreiche Tipps für gestresste Manager parat: Sie sollten so oft wie möglich versuchen, sich bewusst auszuklinken, Augenblicke zu genießen, Muße und Liebe zum Detail zu pflegen, zu trödeln statt zu hetzen, und auch mal ohne Armbanduhr aus dem Haus gehen.

 

"Zeit ist das kostbarste, was wir haben", sagte die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml. Diese Zeit könne man in Oberfranken dank des hervorragenden kulturellen Angebots bestens nutzen, auch wenn vieles mittlerweile auf Effizienz getrimmt sei. "Wer liest nicht am Wochenende seine E-Mails? Wer erkundigt sich nicht im Urlaub nach seinem Arbeitgeber?", fragte die Ministerin. Hier gelte es, die richtige Balance zu finden.


"Sie brauchen die schnellste Leitung,

wenn Sie schnell handeln wollen."

 

Mick Knauff,

Börsen-Fachmann

 

 

"Das hektische Börsenumfeld wäre nicht meine Welt."

 

Pater Christoph Kreitmeir,

Vikar im Franziskanerkloster Vierzehnheiligen

 


Artikel und Foto von Stephan Herbert Fuchs, veröffentlicht am 26.04.2016 in der Frankenpost