Dankbarkeit kann man lernen


„Wenn du dich schwach und matt und unglücklich fühlst, fang an zu danken, damit es besser mit dir werde.“

(Albert Schweitzer)

 

Schon der römische Philosoph Cicero wusste, dass „Dankbarkeit nicht nur die größte aller Tugenden, sondern auch die Mutter aller anderen“ ist. Psychologische Studien haben in den letzten Jahren klare Zusammenhänge zwischen Dankbarkeit und Wohlbefinden herausgefunden. Eine positive Erkenntnis lautet: Jeder trägt die Fähigkeit zur Dankbarkeit in sich. Dankbarkeit kann man lernen. Der entscheidende Schritt zur Dankbarkeit ist, dass ich mich dafür entschließe. Deshalb will ich Ihnen nun Wege zur Dankbarkeit vorstellen.

Der amerikanische Psychologe Martin Seligman gibt folgenden Tipp: „Eine Übung ist, wenn man abends vor dem Zubettgehen drei Dinge aufschreibt, die an diesem Tag richtig gut gelaufen sind. Man wird feststellen, dass sogar an den schlimmsten Tagen immer etwas Positives passiert ist. Ich mache das jeden Abend mit meinen Kindern.“ Diese Form, sich achtsam der Dankbarkeit in seinem Leben zu nähern, nennen andere Autoren auch das Führen eines „Dankbarkeitstagebuches“.

 

Der in Österreich geborene amerikanische Benediktinermönch David Steindl-Rast entwickelte fünf einfache Übungen, die er „Schutzhüllen der Dankbarkeit“ gegen den Sog ins schwarze Loch von Ohnmacht, Angst und Unzufriedenheit nennt:

  1. Schutzhülle: Ermutigung. Sorgen Sie in Ihrem Umfeld für eine vertrauensvolle, stabile und ermutigende Atmosphäre, denn Dankbarkeit ist auch ein Ausdruck von Vertrauen ins Leben. Übung: Sagen Sie einem ängstlichen Menschen heute einen mutmachenden Satz.
  2. Schutzhülle: Ruhe. Sorgen Sie immer wieder für Inseln der Ruhe in Ihrem Alltag und in Ihrem Leben. Zuversichtliche Dankbarkeit verbreitet Ruhe. Übung: Lernen Sie schweigen, einfach da sein und verbreiten Sie dadurch selbst Ruhe und Geborgenheit.
  3. Schutzhülle: Kontakt. Viele Probleme in unserem Leben kommen von der Tatsache, dass wir keinen richtigen Kontakt zum Leben haben. Dankbarkeit öffnet das Herz und Kontakte überwinden Barrieren. Übung: Kommen Sie mit Fremden in Kontakt und erleben Sie dabei, wie ähnlich er Ihnen doch ist.
  4. Schutzhülle: Geben. Dankbaren Menschen ist bewusst, dass sie in einem großen Netzwerk von Geben und Nehmen sind. Übung: Schenken Sie heute jemandem ein unerwartetes Lächeln und tragen Sie so zum Frieden im Kleinen bei.
  5. Schutzhülle: Vernunft. Dankbarkeit ist die Frucht von Denken und sieht das Ganze und nicht nur das Negative. Übung: Stellen Sie den Negativmeldungen des Alltages positive entgegen und Sie werden sehen, wie das nicht nur Ihr Denken verändert. 

Nach Vera F. Birkenbihl, einer Psychologin, Managementtrainerin und der Leiterin des Instituts für gehirn-gerechtes Arbeiten (www.birkenbihl-akademie.net), ist das Dank-Gefühl nach dem Verzeihen  die gesund machendste Emotion, die wir kennen. Es ist sogar gesünder als das Lachen, das erst an der 3. Stelle kommt. Danken stärkt das Immun-System.

 

Die Dankstrategien nach Vera F. Birkenbihl sind hilfreiche Tipps, das Danken neu zu lernen. Ich möchte sie hier komprimiert widergeben: 

  • 60 Sek. lang Dank empfinden, indem Sie aufschreiben oder denken, wofür Sie jetzt besonders dankbar sein können. Da es bei ungutem Grundgefühl aber schwer fallen kann, mit der Dankbarkeit zu beginnen, hilft die 2. Strategie…
  • Das Dankes-ABC: Legen Sie eine Liste der Dinge an, für die Sie dankbar sind, Materielles und Immaterielles. Kommen Sie in eine Ärger-Situation, lesen Sie 60 Sek. lang in der Dankes-Liste. Im Notfall zwingen Sie sich ruhig dazu. Ich garantiere Ihnen: Es wird Ihnen unmöglich sein, so sauer zu bleiben, wie Sie vor dem Lesen waren.
  • Die Dankes-Hierarchie: Die Dankes-Hierarchie beginnt mit einfachsten Dank-Gefühlen, die jeder Mensch empfinden (lernen) kann und bewegt sich dann zu Dank-Gefühlen, die wir auch nach außen hin zeigen sollen. Drücken Sie Ihren Dank einem Menschen gegenüber in Form eines Anrufes, einer Mail, noch besser in Form eines Dankesbriefes oder eines Besuches aus. Wer schon einmal gesehen hat, wie jemand einen Dankes-Brief las, ihn mit sich herumtrug, ihn anderen zeigte (oder vorlas), der weiß, wie viel so ein Brief bedeuten kann.
  • Über Dank-Gefühle redenTäglich einmal, wöchentlich einmal, mindestens einmal im Monat tauschen wir uns mit anderen aus und erzählen uns gegenseitig von Augenblicken, in denen wir Dank empfanden. Allein schon das Hören von Dank-Gefühlen anderer löst in uns ähnliche Schwingungen aus, so dass wir den Dank wirklich mit-empfinden können. Das sog. Mitleid im Falle, dass jemand leidet, wird hier zur echten Empathie (Mitgefühl). Wenn Sie Dank (mit-)empfinden, stärken Sie Ihr Immun-System. Dank ist eine sehr gute Heil-Emotion.
  • Allgemeine Dank-Gefühle gegenüber dem Leben (Gott, der Natur) ausdrücken. Dies entspricht quasi einem Dank-Gebet, auch wenn Sie es vielleicht nicht als Beten empfinden.

Im nächsten Beitrag möchte ich dann die positiven Auswirkungen und Folgen der Dankbarkeit in unserem Leben in den Fokus stellen.

 

Artikel und Foto: P. Christoph Kreitmeir

Katholisches Sonntagsblatt für die Diözese Rottenburg/Stuttgart Nr. 41/2016, S. 30, 31


Dankbarkeit kann man lernen